Ankunft in Canazei/Penia – Aufstieg zum Contrinhaus

Ankunft in Canazei/Penia – Aufstieg zum Contrinhaus

03.07.2005

Und da sind wir wieder! In den Dolomiten – wo sonst. Doch diesesmal haben wir uns größere Ziele gesetzt. Als Hüttenwanderer gestartet – entdecken wir zunehmend die Gipfelstürmer in uns. Diesmal heißt es: 3000er – wir kommen! So haben wir es geplant.

Die Dolomiten haben es uns angetan, daher stand auch in diesem Jahr außer Frage, wo es hingeht.Der Langkofel vom Sella Joch ausUnsere Ziele sind diesesmal vereinzelt in den Dolomiten verstreut, sodass wir häufige Gebietswechsel vorgesehen haben. In freudiger Erwartung fiebern wir schon Wochen vorher den ersehnten Dolos entgegen. Wobei wir bereits ab Mai die Schneehöhen beobachten. Und noch im Juni zögern wir lange mit der Sella-Gruppe mit Val Lasties, Pordoi-Spitze und Piz BoeFestlegung des Starttermins. Schließlich können wir nicht mehr warten! Und so schlängeln wir uns eines schönen Sommermorgens Anfang Juli wieder einmal nach schlafloser Nacht durch das wohlbekannte Grödnertal hinauf zum Sella-Joch. Nach Dauerregen in Deutschland lacht uns hier die Sonne entgegen – keine Wolke am Himmel. Wir sind zuversichtlich.

Am Sella Joch dann unser erstes Fotoshooting. Ich habe meine bewährte Kamera gegen ein neues digitales Stück eingetauscht. Die muss ausgiebig getestet werden. Am Joch überragt uns fast der majestätische Langkofel. Gegenüber der Sella-Klotz, in der Ferne Puez und Geisler. Wohlbekannte Val di ContrinSpitzen, tut gut wieder hier zu sein. Nach etlichen „Tornanti“ talwärts Richtung Fassatal, Stefan scheint als Beifahrer meinen Spaß an Tornanti nicht zu teilen, erreichen wir Canazei. Im Ortsteil Penia suchen wir unseren Parkplatz am Eingang zum Val di Contrin. Am Ende das Tals sollen unser Nachtquartier und wohlverdiente Weizen-Biere winken. Nach erfolgreicher „Umpackerei“ unserer Rucksäcke marschieren wir um 13.00 Uhr los.

Aber hoppala. Es sind fast 30 Grad in der prallen Mittagssonne. Der steile Anstieg ins Val Val di Contrin / Punta Cornatesdi Contrin erweist sich als erste Schwitzkur. Bald windet sich der Weg jedoch schon fast wieder eben durch das idyllische Tal zwischen Il Collaccio (2715 m) und Punta Cornates (3029 m), Gipfel südlich der Marmolada. Der Weg ist breit und befahrbar – zumindest für den Canazeianer mit Allrad-Fiat. Unterwegs begegnen uns „freilaufende“ Pferde und Kühe, d.h. eigentlich dringen wir in deren Weide ein, was uns eines der Pferde übel zu nehmen scheint.

Die Aufdringlichkeit dieses alten Kleppers kann aber auch auf Stevies Ausdünstungen Endlich am Contrinhauszurückgeführt werden, denn er hat’s dem Gaul besonders angetan. In Sicherheit bieten uns später die wesentlich friedlicheren Kühe tolle Fotomotive – besonders von ihrer besten Seite. Wir bringen die 500 Höhenmeter heute erstaunlich schnell hinter uns – und sitzen am frühen Nachmittag (15.10 Uhr) umzingelt von Sandalen-Sonntags-Spaziergängern auf der Terrasse des Contrinhauses. Nach der entstandenen Hitzewallung bei willkommenem eiskaltem Weizen.

Das Contrinhaus (Rifugio Contrin, 2016 m) ist sehr schön vor der Kulisse des Occid und Piccolo VerneDas alte Contrinhausl gelegen. Wir sind begeistert vom Komfort unseres Doppelzimmers, denn wir haben ein eigenes Waschbecken direkt auf dem Zimmer. Und der Blick auf den Hof und ein dort verweiWaschbecken auf den Zimmernlendes einsames Wandergirlbringen diese Hütte einstimmig auf den ersten Platz unserer Hüttenbewertungsliste.

Sicherlich spielen hier die liebreizenden drei Bedienungen ebenso eine Rolle wie das schmackhafte Abendessen – was aber leider erst um 19.00 Uhr serviert wird, sodass wir vor Hunger fast sterben. Im Komplettmenü gibt’s Suppe, lecker Schnitzel mit Pommes, Salat und Nachspeise zum akzeptablen Preis (Halbpension 40,-). Noch vor 10 Uhr liegen wir im Tiefschlaf und träumen von der vor uns liegenden Besteigung eines 3000ers.

2.Tag: Cima Ombretta (3011 m)

© Michael Breiden 27.02.2006

Contrinhaus – Cima Ombretta (3011 m)

Contrinhaus – Cima Ombretta (3011 m)

04.07.2005

Nach fast comatösem Schlaf erwarten uns am frühen Morgen tief im Tal hängende Wolken, die Sicht – zunächst verdeckt durch eine Riesenspinne vor dem Fenster – etwa 20 m. Aber was soll’s. Der Hüttenwirt spricht von Morgennebel. Also frühstücken wir erstmal ausgiebig.Zur Cima Ombretta Wir lassen einige Inhalte unsere Rucksäcke an der Hütte zurück, da wir beim Abstieg wieder hier vorbeikommen.Am Vorabend haben wir uns entschlossen, die südliche Route für den Aufstieg zu wählen. Abmarsch 8.15 Uhr.

Zunächst über Almen, dann über Wurzeln durch Wälder gewinnen wir schnell an Höhe, das Contrinhaus verlieren wir durch den Nebel schnell aus den Augen. Wann wird’s denn jetzt sonnig? Ich bin zuversichtlich und verspreche Stefan eine Top-Aussicht am Gipfel. Es begleiten uns lediglich einige Murmeltiere mit ihrem Gepfeife, nur einen Pelzknäuel kann ich entdecken. Plötzlich um 8.45 Uhr – wir traben so auf einer Hochalm zwischen Kuhpfladen und Murmeltierhöhlen dahin – WEhemaliger Gletscher Vernalefinden wir keine Wegmarkierungen mehr. Vor uns rennen zwei weitere Wanderer ziellos dahin – offensichtlich auch auf der Suche nach dem Weg. Darunter das einsame Wandergirl vom Vortag.

Stevie nimmt schnell Witterung auf, jedoch nicht um den Weg zu suchen, sondern zum Kontakten. Seine Begeisterung hält sich jedoch plötzlich in Grenzen. Denn Gerüche, die ich zunächst dem Murmeltier und nicht eines Menschen Flüssigkeitsausscheidungen zuordne, sowie ungepflegter Wildwuchs unter den Achseln lassen Stevie zurückschrecken. Nichts für Ungut, wir müssen eh weiter und haben keine Zeit für Geplänkel. Ich werfe mir erstmal die Vitamin-Pillen ein und – voila – werde fluchs fündig. Wir folgen dem richtigen Weg „Sentiero Italia“ (Nr. 607) weiter .

Während Wandergirl und Co. vor uns diesem weiter gen Süden folgen, biegen einzig wir ab in Richtung Osten – vor uns der Sasso Vernale – laut Karte, denn sehen können wir ihn im grauen Schleier nicht. Am Ferrata OmbrettaFerrata Ombretta schließlich – etwa die Hälfte zum Gipfel (500 Höhenmeter) sind geschafft – legen wir unsere Ausrüstung an. Nun geht’s ca. 20 m senkrecht den Klettesteig nach oben. Die Tritte sind wenig ausgeprägt, aber mit etwas Klettererfahrung und bei hier notwendiger Sicherung schafft man diesen kurzen Eisenweg mühelos. Am Ende des Steigs liegt StefanIm Klettersteig grinsend bis über beide Ohren – endlich hatte er den gelieben Kletterspaß. Vor uns eröffnet sich nun der Blick auf eine schier endlos scheinende Schotterpiste. Moränen die einst Gletscher Vernale hier liegen ließ. Benannt nach seinem Hausberg, dem Sasso Vernale (3054 m) ist heute nur noch ein kleines Schnee- und Eisfeld vom einst mächtigen Vernale übrig. Um 12.05 Uhr machen wir die letzte Pause vor dem finalen Aufstieg. Stefan klagt über Kopfschmerzen, die hat er immer am ersten Tag, was nun an der Höhenumstellung, einer schlaflosen Nacht oder zuvielen Weizenbieren liegen kann – ich bin noch nicht dahinter gekommen.

Die letzten 450 m also über diesen Schotter. Nichts außer Gesteinsschutt. Der Aufstieg kostet jetzt Kraft. Einziger Lichtblick: die Wolken lichten sich langsam aber stetig. Der ein oder andere Zacken schiebt sich hin und wieder durch die Wolkenwand, um gleich im nächsten Moment wieder abzutauchen. Wer ist hiervon wohl unsere Cima?

Dann stehen wir plötzlich unverhofft auf einem Grat, vor uns ein grandioser Blick auf die Marmolada-Die Sicht reißt auf .. was für ein Panorama!Südwand! Unter uns der Passo Ombretta. Und nach Osten der Gipfel der Cima Ombretta Orientale zum Greifen nahe. Rasch haben wir diesen über den Grat erreicht und stehen um 12.35 Uhr auf dem Gipfel der Gefühle. Ausgiebig genießen wir den Blick auf die Südflanke. Die Sicht reißt mehr und mehr auf – auch Civettas Breitseite zeigt sich – im Süden sogar die Pala.

Wir befinden uns auf einer Aussichtsloge vor der gewaltigen Marmolada-Südfront – jener viele Kilometer breiten und bis zu 800 m hohen Wandflucht. Der Gipfel der Cima Ombretta – wohl gemerkt 3011 m hoch – versteckt sich vollkommen hinter dem höchsten Dolomiten-Gipfel. In der senkrechten Wand entdecken wir mühsam Kletterer auf dem Weg zum Gipfel. SchotterpisteNur zu überhören sind sie nicht – die kleinen Italiener. Nach ausgiebigem Foto-Shooting, Pausensnacks und Gipfel-Zigarette machen wir uns an den Abstieg – bei inzwischen schönstem Sonnenschein. Bis zum Parkplatz haben wir 1500 Höhenmeter vor uns.

Über Geröll und Schrofen geht’s rasch hinab, durch eine Steilmulde und über schuttreiche Hänge abwärts bis zur roten Biwakschachtel Marco dal Bianco, die wir uns mal genauer ansehen. Sechs Personen finden hier locker Platz. Und Proviant ist auch da. Die Betten scheinen aber eher für kleine Italianos kreiert zu sein und nicht für nordische Hünen wie mich. Mit Blick auf die Uhr sehen wir von einem erholsamen Mittagsschläfchen in der Schachtel ab. Weiter des Wegs kurz hinter dem Biwak kommen wir an einer pech-schwarzen Felsgruppe vorbei, fast ein kleiner Berg. Als Nicht-Geologe wissen wir solche verbrannten Felsen jedoch nicht zu beurteilen.

Schließlich erreichen wir den Ombretta-Pass. Der Blick auf die Marmolada-Wand ist Biwakschachtel Marco dal Biancoschwindelerregend, scheint sie sich doch schier über den Betrachter neigen zu wollen. Talabwärts geht’s weiter jetzt zwischen engeren Felswänden, weiter über Schutthänge, zwischen wilden riesigen Felsbrocken hindurch, dann das obere Contrin-(Rosalia-)Tal hinab über Wiesen Richtung Contrinhaus. Dort angekommen gönnen wir uns erst einmal große kalte Limos, während sich Stevie an einem Groupie erfreut.

Der Rest wird jetzt ein Spaziergang – wobei die Knochen schon etwas schmerzen. Wir erreichen das Auto und fahren nur noch um die nächste Straßenecke in den nächstgelegene Pension in Penia, keine Lust mehr auf Suchen, wir nehmen das erste Zimmer. Nur endlich duschen und dann Pizza und Radler. Nur 30 Minuten später sind wir im Lokal um die Ecke. Die Radler hauen uns fast um, die Müdigkeit siegt, so dass ich von Stefans Nachtprogramm im italienischen Fernsehen nichts mehr mitkriege. Der verdiente Johnny-Cola gibt mir den Rest. Gute Nacht John-Boy!

3. Tag: Vom Villnößtal zur Schlüterhütte

© Michael Breiden 27.02.2006

Aus dem Villnößtal zur Schlüterhütte

Aus dem Villnößtal zur Schlüterhütte

05.07.2005

In der Nacht gewittert es heftig, und die Wettervorhersage lässt nichts Gutes verlauten. Wir gehen unsere Optionen durch und beschließen bei ausgedehntem Frühstück, die Schlechtwetterphase für einen Gebietswechsel zu nutzen. Die gestrige Tour sitzt uns sowieso noch tief in den Knochen, da ist heute eine kürzere Wanderung sehr willkommen.

So brausen wir bei düsteren Wolken und starkem Regen die Tornanti wieder gen Sella-Joch hinauf. Oben beschließen wir für heute von einer Langkofel-Tour abzusehen und diese an einem schöneren Tage anzugehen. Also ab in Richtung Villnößtal. Hier rufen uns die Aferer Geiseln mit dem berühmten Günther-Messner-Steig. Dazu müssen wir das Grödnertal wieder runter und das Eisacktal bis Eingang Villnößtal wieder herauf. Was auf der Karte so nahe beieinanderliegt, zieht sich in Wirklichkeit ewig dahin. Im Villnößtal, der Heimat von Reinhold und Günther Messner, sind wir schier die einzigen, die sich bei diesem Wetter noch auf die Straße trauen. Dieses verschlafene Tälchen ist touristisch genau das Gegenteil vom überlaufenen Grödnertal mit den Zentren St. Christina und St. Ulrich.

Wir verfahren uns auf der so ziemlich einzigen Straße durch das Tal, finden aber schließlicSchnee unter 2000 mh doch den Parkplatz an der Zanser Alm (1680 m) am Ende des Tales kurz vor Mittag. Das Wetter hat sich nicht gebessert während der Fahrt, wie erhofft, im Gegenteil. Gut, wir warten – schließlich benötigen wir ja nur maximal 2 h bis zur Schlüterhütte hinauf. Trinken wir erstmal einen Kaffee in dem netten urigen Alpenkiosk gleich Ah wahrer Traum – die Alm-Öhiam Parkplatz. Da keine Wetterbesserung in Sicht ist, hängen wir gleich ein lecker Mittagsmal dran – der Wirt bietet eine reichhaltige Speisekarte – reichhaltig viel Wurstiges.

So wählen wir zwischen Speck und Würstchen die letzteren – dazu ein gepflegtes Radler. Den Nachmittag vertreiben wir uns im Wagen – nur Paul Panzer und Badesalz bringen uns jetzt noch zum Lachen. Bis 15.00 Uhr setzen wir uns ein Limit, dann gehen wir, egal, welche Kapriolen das Wetter noch schlägt. Um 15.00 Uhr gießt es dann richtig aus Eimern, so dass wir dem Wetter noch eine Frist von 30 Minuten gewähren. Dann reicht es uns. Wir kleiden uns wasserdicht, nutzen dazu auch unsere Kletterhelme als Regenschutz, machen die Rucksäcke klar und starten gen Schlüterhütte. Genau 5 Minuten später hört es zu regnen auf – und man soll es nicht glauben, die Sonne scheint urplötzlich.

Erfreut setzen wir unseren Weg durch Wald und Almen fort. Der Blick auf die Aferer Geiseln und Schlüterhütte wird frei – wir können es kaum glauben, die Berghänge sind bis weit unter 2000m verschneit, und das Anfang Juli.Wir passieren schließlich Alm-Öhis Trinkhalle in Nähe der Gampenalm. Eine winzige bewirtschaftete Alm – ca. 6 Personen dürften hier Platz finden. Weiter oben jedoch winkt uns schon die Schlüterhütte entgegen – und hier wartet SchniPo und Weizen sowie eine warme Stube. Hier ist alles weiß nur ich bin rot angelaufen.

Vor der Hütte begrüßen uns alte Bekannte, die typischen Schlüter-Hasen, die wir schon Die Geisler-Gruppe2000 hier angetroffen haben. Die Hütte ist übrigens nach dem Dresdner Franz Schlüter benannt, dem edlen Spender, der die Hütte erbauen und sie der Alpenvereinssektion Dresden überlies. Dem ursprünglichen Holzbau wurde 1908 eine Erweiterung aus Stein angefügt, und seitdem soll sich nichts geändert haben. Sehr beeindruckend ist übrigens die Gaststube – mit ihrem Panorama-Blick ins Villnößtal und auf die Geisler-Gruppe.

Nachdem wir unsere Bleibe für die Nacht klar gemacht haben, möchten wir uns eine heiße Dusche gönnen. Für den Nepper-Preis von 2,50 € gibt’s für nur 90 Sekunden fließend heißes Wasser. Gut, dass mich Stefan, der vor mir duscht, darauf hinweißt. So gelingt es wenigstens mir in dieser Rekordzeit, den Schaum komplett abzuspülen. In neuer Frische lassen wir uns das Abendmahl kredenzen – wir sehen jedoch vom Hasen ab.

Später lädt uns die Abendsonne noch zur Foto-Session ein. Sonne und Wolkenformationen liefern tolle Aufnahmen der zackigen Geisler-Gruppe. Vor der Hütte versuchen sich zwei Selbstversorger mit ihrem Campingkocher – ein Päärchen in den Flitterwochen vielleicht? Der Abend ist bitterkalt, auch in unserer 2-Bett-Stube friert’s. So lümmeln wir uns frühzeitig in die Cojen, um am nächsten Tag früh und ausgeschlafen auf den Spuren Günther Messners zu wandeln. Das Wetter ist fönig vorausgesagt – Sonne pur.

4.Tag: Der Günther-Messner-Steig durch die Aferer Geiseln

© Michael Breiden 27.2.2006

Günther-Messner-Steig / Wälscher Ring in den Aferer Geiseln

Günther-Messner-Steig / Wälscher Ring in den Aferer Geiseln

06.07.2005

Der Morgen ist bitterkalt, beim Blick aus dem Fenster erwartet uns strahlend blauer Himmel, der Schnee Die Schlüterhütte mit Geislerspitzenvon gestern ist noch nicht weggeschmolzen. Die Camper vor der Hütte sehen nicht gesund aus,Die Aferer Geiseln schneebedeckt sie hatten sich eine laue Juli-Nacht zum Zelten wohl auch anders vorgestellt. Aber sicherlich haben die Jung-Verliebten davon nix gemerkt. Wir genießen ausgiebig unser Frühstück und starten heute frühzeitig um 8.15 Uhr. Es erwartet uns eine tolle Wanderung bei ausgezeichnetem fönigen Wetter.

Zunächst peilen wir den Hausberg der Schlüterhütte an, den Zendleser Kofel (2422 m) um das Panorama auf die Aferer Geiseln und die Geislergruppe gegenüber zu genießen. Zudem bietet sich uns eine schöne Aussicht auf die Puez-Spitzen. Zu unseren Füßen die Schlüterhütte und die Gampenalm. In der Ferne glauben wir König Ortler zu erkennen. Zu den Aferer Geiseln gehts dann zunächst mal auf dem Dolomitenhöhenweg Nr. 2 in Richtung Peitler-Kofel.

Der liegt jetzt direkt vor uns zum Greifen nahe. Weiß gezuckert unter blauem Himmel wirkt er imposanter, als im letzten Jahr bei Regenwetter. Wir überlegen, ob wir die damals verpasste Besteigung des Hauptgipfels auf dem Weg mal schnell nachholen sollen, besinnen uns dann aber, und sehen von einer Blitzbesteigung ab. Denn auch auf der geplanten Route erwarten uns zwei weitere herrliche Gipfel.

Bald verlassen wir den Dolo-Highway und folgen einem kleinen Pfad. Wir sind wohl die ersten heute, noch keine Spuren im Schnee zu sehen. Der schmale Pfad schlängelt sich kreuz und quer durch die Geiseln, teilweise ist leichtes Kraxeln angesagt, aber ohne Schwierigkeit. Vor uns dann eine Leiter, der Einstieg ist etwas luftig. Da wir erwarten, dass ab sofort ein längerer Klettersteig beginnt, legen wir die Gurte zur Sicherung an.

Unten angekommen stellen wir fest, dass dort der Wanderpfad weiterführt. Hoch über dem VillnößtalAlso nix mit Klettern. Wir folgen dem Pfad weiter, er führt auf der südlichen Seite unter dem Grad entlang, so dass wir ständig Blick auf die Geislerspitzen und das Villnößtal haben. Wir sind dann doch etwas besorgt, als der Weg langsam aber stetig an Höhe verliert, haben wir doch erwartet, dass der Günther-Messner-Steig eher direkt über den Grad führt.

Zudem dachten wir, dass die Vilnößer eher mit einem Klettersteig, als einem Wanderpfad Herrn Messner huldigen würden. Haben wir durch den Schnee eine Wegmarkierung und Abzweigung verpasst? Die Karte gibt keine genauen Angaben hier.

Irgendwann geht’s dann doch wieder bergauf. Inzwischen brutzelt die Sonne schon heftiger, der Schnee ist fast verschwunden, bisserl feucht und matschig bleibt’s daher. Willkommene Abwechslung bietet eineKick ma, wat’n Panorama! Kletterstelle durch eine Spalte hinab. Der letzte Aufstieg zur Großen Ringspitze wäre dann normalerweise kein Hexenwerk. Heute macht mir die geringe Höhendifferenz aber schon zu schaffen. Vermutlich liegt mir das gestrige Schnitzel noch schwer im Magen. So lasse ich Stefan den Vortritt und folge gemächlich, schließlich hat er 15 Kilo weniger zu tragen.

12.20 Uhr: Oben erwartet uns dann ein sagenhaftes Panorama, die Große Ringspitze auf 2625 m gibt die Aussicht auf den Peitler-Kofel und auf den Alpenhauptkamm frei – heute bei fönigem Wetter haben wir eine geniale Fernsicht. Im Osten sehen wir die Kreuzkofelgruppe, dahinter die Conturines-Spitze, Tofane di Rozes und Pelmo, hinter den Puez-Spitzen winkt Piz Boe hindurch.

Der Sas Rigais und die Geislerspitzen scheinen nur einen Steinwurf entfernt, so klar ist die Sicht. Und im Südwesten sehen wir den Schlern, im Westen vor uns den Tullen – Geislerspitzenunser nächstes Ziel. Wir sind überwältigt. Aber „großer Name – kleines Kreuz“! Obwohl es sich hier um eine dem Namen nach „Große“ Spitze handelt, ziert diese nur ein kleines krummes Holzkreuzchen aus zwei Stecken gebastelt. Den kleinen Gipfel teilen wir uns mit vier weiteren Wanderern, die wohl die östliche Route für den Aufstieg gewählt haben.

Nach ausgiebigem Foto-Shooting, Pausensnack und Gipfel-Zigarette folgen wir nördlich hinter dem Gipfel endlich einem Klettersteig hinab, dann weiter direkt über den Grat – bis Über den Gratplötzlich – zunächst wirkt es wie eine Fata Morgana – auf dem Grat ein nettes Maderl in der Mittagssonne sitzt . Wir wechseln ein paar Worte und stellen fest, dass Morgana schon ein ausgewachsenes einheimisches Maderl ist. Die Bergwelt hält wohl jung – oder verklärt den Blick.

Der Weg führt hinab zum Fuße unseres heute dritten Gipfels – dann durch eine sandig Der Gipfel des Tullen, 2653mrutschige Stevie in actionScharte hinauf, über Geröllfelder schließlich auf den Gipfel des Tullen (2653 m). Bei schönstem Sonnenschein genießen wir wieder lange die tolle Aussicht, die sich jedoch vom vorherigen Gipfelpanorama kaum unterscheidet. Der Gipfel gehört diesmal jedoch uns alleine – und bietet zudem ein professionelles Kreuz.

Doch irgendwann müssen wir uns aufrappeln und den Abstieg antreten. Zunächst wandern wir noch weiter Richtung Westen – der Weg ist gesäumt von bizarren Felsformationen. Dann erreichen wir die Baumgrenze, wo wir noch einmal eine letzte Pause in einer gemütlichen Almwiese machen, bevor wir den Blitzabstieg wagen. Denn im Süden nahen die ersten Quellwolken, für den Abend waren Gewitter angesagt.

Auf der Karte wirkt der Abstieg recht kurz, jedoch sind’s vom Tullen bis zur Zanser Alm, wo unser Auto Pause in der Almwiesewartet, ganze 1000 Höhenmeter hinab. Die Knochen-Schinderei erwartet uns dann auf dem Auf dem HerrensteigHerrensteig, der uns durch Wald und Wurzeln in Serpentinen hinab ins Tal stolpern lässt.

Dann – um 17:55 kurz vor dem Parkplatz läuft der Stevie auf der letzten Rille und jammert: „I have entered a world of pain“. Hm, ich halte es wieder für seine üblichen Selbstgespräche. Am Parkplatz sehen wir dann unsere Morgana wieder, sie muss den Weg in entgegengesetzter Richtung samt Abstieg irgendwie im Eiltempo erledigt haben – ja, so san’s halt, die Alpen-Maderls mit ihra strrammen Waderl!

Über das Würzjoch fahren wir gen Pustertal und finden schließlich am späten Abend nach endlosen Tornantis eine Bleibe in Antholz. Inzwischen regnet es heftig. Die Wettervorhersage ignorieren wir erstmal. Morgen wird’s bestimmt wieder schön. Nach Pasta und Pizza – und dem obligatorischen Whisky-Cola glauben wir ganz fest daran.

5. Tag: Aufstieg vom Pragser Wildsee zur Seekofelhütte

© Michael Breiden 27.02.2006

Aufstieg zur Seekofelhütte

Aufstieg zur Seekofelhütte

07.07.2005

Am morgen ist das Wetter kaum besser. Der Regen hat zwar nachgelassen, aber die Wolken hängen tief im Tal.Wir beschließen heute zur Seekofelhütte in den Pragser Dolomiten aufzubrechen. Denn unser Ziel ist die Besteigung des Seekofels. Dieser „einfach“ zu besteigende Gipfel beindruckte uns schon vor einigen Jahren, thront er doch herrschaftlich direkt über dem Pragser Wildsee mit seiner steilen, konkav geöffneten Nordflanke. Von Antholz aus sind wir mit dem Wagen ca. 30 Min. unterwegs und parken auf einem der großen Parkplätze vor dem Hotel am See. Dieser ist eigentlich immer ein beliebtes Touristenziel.

Bei gutem Wetter ist der See und das Grünwaldtal Ausgangspunkt für zahlreiche interessante unterschiedliche Tages- und Mehrtagestouren in der Region. Besonders beliebt in den Pragser Dolomiten sind Herrstein, Großer Roßkofel, Dürrenstein und eben der Seekofel mit der Seekofelhütte. Die Blick zurück auf den Seeeinfachste Rundwanderung ist die um den See selbst, was hier für zahlreiche Spaziergänger, Beinkranke usw. sorgt, da diese Runde locker auch in Sandalen machbar ist.

Beliebt auch bei schlechtem Wetter, wie heute. Wir kämpfen uns durch das Touristengetümmel rechts um den See herum. Viele dieser Leute sehen partout nicht ein, auch nur einen Schritt zur Seite zu gehen und glauben, jeder hinter ihnen müsse sich ihrer mäßigen Geschwindigkeit anpassen. Dazu wird lautstark palavert oder per Handy telefoniert. Irgendwann biegen wir ab zum Talaufstieg und lassen diese nervigen Leute hinter uns. Hier begegnen uns nur wahre Bergfreunde, die, wie wir, die Ruhe zu genießen wissen und sich selbst entspechend verhalten.

Leider fängt es leicht zu regnen an, aber noch sind wir guter Dinge und glauben an Wetterbesserung am Nachmittag. Sollten wir frühzeitig die Hütte erreichen, werden wir noch heute den Seekofel besteigen, insofern das Wetter mitspielt. Von der Idee sollen wir uns bald verabschieden. Bald sind wir von Wolken umgeben. Am ersten Rastplatz, einer Weggabelung, die wir dummerweise nicht als solche erkennen, machen wir uns dann fertig für einen feucht-fröhlichen Aufstieg. Ziel für heute ist dann nur noch die Hütte – die laut Angaben in nur 2,5 – 3 Stunden vom Parkplatz am See aus erreichbar sein soll. Wenn man den kürzesten Weg wählt.

Wir schlagen dummerweise den Umweg ein. Als wir dies bemerken, entschließen wir uns nicht zur Die Nordflanke des SeekofelsUmkehr, um die wertvolle Höhe nicht wieder zu verlieren. Wind und Regen nehmen zu. Der Weg führt uns bald über eine schier endlose Felsplatte, die bei unserer Gehgeschwindigkeit viel Trittsicherheit abverlangt. Sie ist nur so mit Spalten und Löschern durchzogen, die im Laufe der Jahrmillionen durch Wasser ausgewaschen wurden. Bei schönem Wetter würde es mir hier sehr gut gefallen, denke ich mir so. Wenn mir aber langsam und stetig das Wasser durch Regenschutz und Hose rinnt, vergeht mir der Spaß an solchen Unternehmungen. Ich merke, dass es Stefan nicht anders geht, trotzdem muntern wir uns gegenseitig auf und verkaufen uns den Tag als tolles Erlebnis, als „Eins werden mit den Elementen“ – dazu gehört eben auch die Erfahrung mit Dauerregen.

Irgendwo retten wir uns unter eine alleinstehende Tanne, die ewas Schutz bietet. Denn ansonsten wächst hier oben nur Gras. Zur Nässe kommt unweigerlich die Kälte. Daher legen wir jetzt den Speed-Gang ein. Irgendwann bemerken wir, dass wir über einem langen Grat unterwegs sind. Laut Karte muss er direkt zur Hütte führen. Mittlerweile regnet es heftig – und durch den starken Wind auf dem Grat leider dazu noch waagrecht. Ich spüre das kühle Nass bereits von oben bis unten auf der Haut. Jetzt ärgere ich mich über das billige Teil von Regenjacke und schwöre mir, dass dies heute ihr letzter Einsatz war.

Die Wolken sind hier so dicht, dass ich Stefan 10 m vor mir kaum erkenne. Wo bleibt sie denn nur, die Hütte? Plötzlich stehen wir direkt vor ihr, so dicht ist der Nebel, dass wir sie erst unmittelbar aus der Nähe erkennen können. Wir retten uns in den völlig überfüllten Eingangsbereich. Weitere Wanderer Stevie in der Seekofelhüttepellen sich hier aus ihren ebenfalls triefend nassen Klamotten. Zum Glück habe ich hier bereits ein Zweibett-Zimmer vorbestellt. Die Hütte – 1907 erbaut -, verfügt über Schlafräume unter dem Dach, getrennt durch einfache Bretterwände, die mehr als Sichtschutz, denn als Lärmschutz dienen. Wir beziehen unser Quartier und stellen fest, dass der unbeheizte Dachboden keine Trockenmöglichkeit bietet. Einzig trocken ist mein Ersatz-T-Shirt, -Unterhose und -Socken.

Also behalten wir die nassen Hosen und Pullover einfach am Gaststube der SeekofelhütteLeib, damit diese in der beheizten Gaststube trocknen. Hier verbringen wir den Spätnachmittag und Abend bei heißem Tee, Radlern und einer lecker warmen Mahlzeit. Wir sind uns einig, dass diese Hütte auf unserer Bewertungsliste einen der hinteren Ränge bekommt, denn die sanitären Anlagen, Waschgelegenheiten und Schlafräume lassen doch sehr zu wünschen übrig. Man scheint sich hier darüber bewusst zu sein, dass auch ohne dieses Komforts die Hütte aufgrund der einmaligen Lage immer gut besucht sein wird.

Die Nacht wird nicht angenehm, Kälte und Feuchtigkeit sitzt tief in den Gliedern, zudem prasselt der Regen weiter heftig direkt auf das Dach über meiner Coje. Doch dann wird es ruhig – und ich denke noch so bei mir, dass es wohl zu regnen aufgehört hat. Ja, das hat es sehr wohl.

6. Tag: Abstieg zum Pragser Wildsee und Ende der Tour

© Michael Breiden 27.02.2006

Abstieg zum Pragser Wildsee und Ende der Tour

Abstieg zum Pragser Wildsee und Ende der Tour

06.07.2005

Am nächsten Morgen sind wir nach dieser ungemütlichen Nacht früh wach. Die Sonne scheint, und der Neuschnee am MorgenBlick aus dem Fenster bietet ein ungewöhnliches Panorama – komplett in weiß. Es liegt 5-10 cm Neuschnee, alle Gipfel ringsrum sind winterlich weiß.

Schnell geht’s ab nach draußen zur Foto-Session, denn das wird uns in Deutschland kaum einer glauben. Leider sind noch nicht alle Kleidungsstücke trocken, aber was soll’s. Der morgentliche Waschgang fällt dann aufgrund des Andrangs an wenigen Waschbecken eher dürftig aus. Ähnlich ist es mit dem Frühstück bestellt. Wir erkundigen uns beim Hüttenwirt über die Wegverhältnisse zum Seekofel, dieser rät uns von einer Besteigung ab, zu klitschig sei der Steig – und die Wegmarkierungen wären nicht sichtbar.

Mürrisch treten wir den Rückweg an – und schlagen heute die kürzere Wegstrecke ein. Trotz Sonnenschein also heute kein Gipfelglück. Die Stimmung ist gedrückt. Der Weg führt uns durch riesige Geröllhänge, Felsbrocken, die die Nordflanke des Seekofel einst zierten und irgendwann den Weg ins Tal angetreten sind. Tatsächlich sind die roten Markierungen Blick zurückanfangs wirklich nicht zu erkennen durch den Schnee. Je weiter wir absteigen, desto wärmer wird es, wir haben das Gefühl, vom Winter in den Sommer zu wandern.

Bald begegnen uns die ersten aufsteigenden Wanderer in T-Shirt und kurzen Hosen. Unsere unterschiedliche Kluft – wir in dicken Pullovern verpackt – bringt uns ins Gespräch. Durch Wälder über Stein und Wurzeln führt der Weg schließlich an die Weggabelung, die wir vom Vortag kennen. Gestern haben wir diesen Weg völlig übersehen. Er hätte uns 1 h Kälte und Nässe erspart.

Am Pragser Wildsee angekommen – hier tobt der Tagestouristenrummel wie immer – faulenzen wir dann erstmal direkt am See und belustigen uns mit Steinewerfen. Zurück zum Parkplatz nehmen wir die nun andere Uferseite, die hoch oben im Fels teilweise schöne Tiefblicke und eine schöne Aussicht über den See bietet.

So richtig touristisch wird’s dann rund um die Imbissbuden und Trinkhallen unmittelbar beim Hotel bzw. Sommer im Talbei den Parkplätzen. Aber auch wir gönnen uns Wurscht und Pommes – und überlegen, was wir mit dem Nachmittag anfangen. Die Sonne schwindet jedoch inzwischen wieder. Alsbald Zurück am Pragser Wildseemachen wir uns auf den Weg Richung Misurina und Auronzohütte am Fuße der Drei-Zinnen. Schlechtes Wetter lässt uns hier dann erneut umkehren. So verbringen wir Abend und Nacht im bekannten Sexten, Ortsteil Moos im Haus einer urigen netten alten Dame. Hier fanden wir vor Jahren eine super Pizzaria, wo wir uns auch heute wieder verköstigen lassen – Pizza mit viel Olio picante!

Am nächsten Morgen erzählt uns die alte Dame beim typisch südtiroler Frühstück, dass bereits Theo Übernachtung in Sexten/MoosWaigel in jungen Jahren zu ihren Gästen zählte. Dabei schimpft sie auf die Italiener – zählt sich als Südtirolerin selbstverständlich nicht dazu. Sodann brechen wir auf mit wehmütigem Gefühl im Magen.

© Michael Breiden 27.02.2006