18.08.2019

Ausgangspunkt: Oberstdorf (813m). Mit Fahrrad oder Bus nach Birgsau oder mit Pkw zur Talstation der Fellhornbahn

Gipfel: Mädelegabel (2645m)

Stützpunkte: Waltenberger Haus (2084m)

Auf- und Abstieg: 1850Hm (mit Bus nur 1650Hm)

Zeitaufwand: 11-12h

Die markante Mädelegabel und ihre beiden Satelliten sind weithin sichtbar – hier vom Rietberger Horn aus. Dazwischen liegen der Besler und das Söllereck.

Das Allgäuer Dreigestirn von Einödsbach gesehen (v.l.n.r.: Trettachspitze, Mädelegabel, Hochfrottspitze)

Charakter: Lange, konditionell fordernde Königstour über abwechslungsreiches Terrain. Dschungel und Schneebrücken im Bacherloch, anstrengender Schotteranstieg zur Bockkarscharte, Gletscherquerung und leichte Kletterei (I) zum Gipfel

Beschreibung: Die Mädelegabel bildet als mittlerer Zinken das ikonische „Allgäuer Dreigestirn“ – zusammen mit Trettachspitze (2595m) und Hochfrottspitze (2648m). Diese „Mahdgabel“ dient als einer der wichtigsten Orientierungspunkte in der Parade der zahlreichen Gipfel am Hauptkamm der Allgäuer Hochalpen. Sie wird zumeist im Rahmen einer Hüttentour vom Waltenberger Haus oder von der Kemptner Hütte über den Heilbronner Weg „mitgenommen“. Aber auch eine Tagestour von Oberstdorf liegt für konditionsstarke Bergwanderer im Bereich des Möglichen – wie hier beschrieben.

Tiefblicke am Wändle

Das Waltenberger Haus – im Hintergrund die Gundköpfe (links) und der Fellhorngrat

Wir folgen der Straße südlich der Birgsau in Richtung Einödsbach (1114m). Am Berggasthof halten wir uns links und folgen dem Schild in Richtung „Waltenberger Haus 3 1/4h“. Bald lassen wir die kleinen Gutsgebäude hinter uns. Unser Ziel, das Dreigestirn, türmt sich bereits vor uns auf. Wir treten durch ein Gatter und entern das Bacherloch, ein tief eingeschnittenes, V-förmiges Tälchen. Der schmale Weg führt links des Baches durch üppigste Vegetation hinauf. Je nach Verhältnissen sind dabei auch Schneebrücken zu überqueren, die sich hier bis lang in den Sommer hinein halten können.

Auf etwa 1700m wird das Gelände offener. Unterhalb des Schneelochs leitet ein gesicherter Sims kurz ausgesetzt durch das sogenannte „Wändle“ auf den grasigen Westhang, der zum Waltenberger Haus (2084m) hinauf führt. Die Hütte liegt auf einem grünen Absatz unterhalb der beiden „Berge der guten Hoffnung“. Man sollte hier unbedingt eine Rast einlegen und seinen Wasserhaushalt aufstocken. Auch wenn man an dieser Stelle rechnerisch bereits 2/3 der Höhenmeter zum Gipfel absolviert hat, die anstrengendsten Abschnitte stehen definitiv noch bevor…

Anstrengender Aufstieg zur Bockkarscharte (Bildmitte)

An einem schönen Sommertag stehen die Chancen gut, dass die Sonne mittlerweile hoch am Himmel prangt und die nächsten 400 Höhenmeter hinauf zur Bockkarscharte durch den blendend hellen Schotter zu einer echten Tortur werden lässt. Die letzten Meter zum Joch führen kraxelnd über eine versicherte, geröllige Schrofenbarriere. Oben treffen wir auf den Heilbronner Höhenweg, den „Allgäuer Hütten-Highway“. Für den Oberstdorf-Urlauber eröffnet sich ein völlig neuer Anblick nach Süden, der der Lechtaler Alpen und der Verwallgruppe. Wir müssen gegen die Verlockung ankämpfen, den nur einen Steinwurf entfernt zu scheinenden Gipfel des Bockkarkopfes (2609m) spontan zum heutigen Tagesziel zu erklären. Er wäre mit Sicherheit die schnellere und einfachere Alternative zur Mädelegabel. Diese deklariert der Wegweiser als immer noch 90 Minuten entfernt.

Die Südwand der Mädelegabel mit dem oberen Teil des Schwarzmilzferners. Rechts diagonal der stumpfe Südostgrat, über den der letzte Anstieg führt.

Üppig markierte Krabbelpassagen am Grat.

Wir folgen dem Höhenweg in Richtung Nordosten und werden bald mit neuen Eindrücken belohnt – im Osten thront die majestätische Felshaube des Großen Krottenkopfes (2657m), seines Zeichens der höchste Allgäuer Gipfel. Im Norden ist endlich unser Gipfelziel wieder in Sicht gekommen. Unter ihrem Südhang liegt überraschenderweise ein kleiner Gletscher, der Schwarzmilzferner. Er ist der letzte verbliebene Gletscher in den Allgäuer Alpen und bei nur noch 10m Dicke sind auch seine Jahre wohl gezählt. Ein kurzer Abstieg und wir betreten das gut gespurte Firnschneefeld. Der Gletscher ist weder steil noch mit Spalten behaftet und in wenigen Minuten passiert. Lediglich der Übergang zurück auf den Felsenkamm kann je nach Verhältnissen etwas heikel sein. 

Gipfelblick nach Norden: die benachbarte Trettachspitze, der Himmelschrofen und Oberstdorf

Wir befinden uns nun unterhalb des Südostgrates der Mädelegabel, der den einfachsten Zustieg auf den Gipfel ermöglicht. Wir halten direkt auf den Grat zu, hier und da stehen Steinmännchen oder scheinen ein paar verblasste rote Flecken auf den Felsen. Auf dem schmaler werdenden Grat wird die Wegfindung wieder einfacher, die Route ist gut markiert und führt immer wieder in leichter Kraxelei (I), teilweise luftig, in einer halben Stunde zum Gipfel.

Im Osten der Große Krottenkopf, Hauptgipfel der Allgäuer Alpen

Die Aussicht entschädigt für alle Mühen (vorausgesetzt, das Wetter spielt mit). Im Norden blicken wir auf Oberstdorf, den Himmelschrofen und – ganz nah – die elegante Trettachspitze. Nach Osten reicht der Blick gar bis zu Zugspitze und Ehrwalder Sonnenspitze. Eine Plakette auf dem Gipfelkreuz informiert uns, dass das Kreuz am gleichen Tag errichtet worden sei wie die Berliner Mauer, jene aber zum Glück überlebt habe.

Der Abstieg erfolgt über den gleichen Weg. Es ist noch einmal viel Konzentration gefordert nach dieser großartigen, aber auch langen und kraftraubenden Gipfeltour. Vor allem auf den von Geröll bedeckten Gratstellen, beim Übergang zum Schwarzmilzferner, beim Abklettern von der Bockkarscharte, am Wändle und an den Zuflüssen im Bacherloch.

© Stefan Maday 24.09.2021