Wallis Report 2008

Reloaded! Jetzt mit noch mehr Sonnenschein!

von Michael und Stevie

Tag 1: Besteigung Bättelmatthorn, 3044 m

 

Ausgangspunkt: Ulrichen, Nufenenpass-Straße
Höhendifferenz: 740 m
Dauer: 7,5 h (inkl. Pausen)

 

Tag 1: Besteigung Bättelmatthorn, 3044 m

Wallis, da sind wir wieder! Im vergangenen Jahr haben wir die Schweiz kennen und lieben gelernt. Insbesondere die Regionen Wallis und Berner Alpen mit zahlreichen 4000er Gipfeln und wunderschönen Gebirgszügen locken uns nun ein weiteres Male.

Pension LärchÜber den Gotthardt und Furkapass kamen wir am Vortag ins obere Rhonetal nach Obergesteln. In einer netten Pension bezogen wir Quartier und belohnten uns am Spätnachmittag mit einigen Weizenbieren für die eigentlich wenig anstrengende und rasche Anfahrt aus Deutschland.

Unser erster 3000er für dieses Jahr soll uns nicht gleich alle Kraft rauben, so haben wir für die erste Tour diesen wenig bekannten Gipfel in einem uns völlig unbekannten Gebiet ausgemacht, das Bättelmatthorn mit 3044 mWerkstraße zum Stausee Höhe. Von der Nufenenpass-Straße, wo wir den Mazda an einem steilen Abgrund etwas unterhalb der eigentlichen Passhütte parken, folgen wir der Werksstraße leicht ansteigend um einen Bergrücken herum zur Stocklamme. Der Weg scheint nicht sehr häufig befahren, zieren doch vom Winter noch zahlreiche Gesteinsbrocken den beim Aufschlag gesprengten Asphalt.

Weit und breit sind keine anderen Wanderer zu sehen. Ein gut markierter Pfad führt links hinauf zum Mändeli auf 2499 m, wo wir nun den großartigen Blick auf den Griessee genießen können. Bis hierhin führt auch der eigentliche Griessee mit BättelmatthornDas BättelmatthornFahrweg über mehrere Schleifen. Etwa 100 Höhenmeter über dem Ostufer des Sees quert man nun in einigem Auf und Ab hinüber zum Griespass auf 2479 m. Hier führen wohl Zum Griespassmehrere Wege zum Einstieg, wir halten uns einfach nach Karte angegebenen Richtung und finden bald wieder den richtigen Pfad, der uns die letzten 600 Hm hinauf zum Gipfel führen soll.

Griessee und Punta Gallina hintenWir folgen dem Weglein auf dem breiten Nordostrücken des Bättelmatthorns, vorbei an Gletscherschliffen und Moränenresten. Auf ca. 2650 m quert der Weg in die schotterige Ostflanke.Steiler Aufstieg im Nebel Nebel auf der italienischen SeiteEigentlich führt der Weg weiter zur italienischen Rifugio Citta di Busto. Aus Richtung Italien zieht dichter Nebel die Täler hinauf. Wir zweigen rechts auf einem schwach ausgeprägten Pfad nun recht steil schräg aufwärts zum Ostrücken. Diesen erreicht man nur über eine winzige Einschartung und folgt dem Rücken dann immer links recht steil nun direkt an der nach Norden abbrechenden Kante entlang. Über kurze Serpentinen erreichen wir schließlich den einsamen Gipfel des Bättelmatthorns.

Gipfel Bättelmatthorn, hinten links BlinnenhornStevie und Mika m GipfelDas BlinnenhornWir genießen einen großartigen Blick auf den Griesgletscher und Griessee, auf das Blinnenhorn im Westen und die Ritzhörner gegenüber und auf das Grieshorn im Osten. Im Süden liegt der italienische Stausee Lago del Sabbione, dahinter Hohsandhorn und Ofenhorn, dichte Wolken verhüllen uns jedoch zunehmend die Sicht nach Italien und hüllen auch unseren Gipfel allmählich ein. Das hält uns jedoch nicht von unserem ausgiebigen Gipfelaufenthalt ab, den wir Lago del SabbioneGriesgletscherGriesgletscher mit Bernerheute tatsächlich völlig alleine genießen können. Bald lassen die stechende Sonne und immer stärkervaufziehenden Wolken aus dem Süden uns jedoch ein Gewitter vermuten, sodass wir schleunigst den Rückweg antreten.

Wir folgen der Aufstiegsroute zurück, pausieren nur einmal am Griespass in einer alten Ruinenmauer und eilen, alsbald von einzelnen Regentropfen angetrieben, die Werkstraße zurück zum Nufenenpass, dahinter Punta GallinaNufenenpass. Kurz vorm Parkplatz kommt uns ein Wagen entgegen auf der eigentlich gesperrten Straße. Als uns der Fahrer mit unseren roten Jacken und Switzerland Army Kappen sieht, machte er prompt kehrt, dem hätten wir sicherlich ein saftiges Busgeld abnehmen können. Den Wagen erreichen wir gerade im letzten Moment, über den Gebirgskamm hatten sichWohnung in Ulrichen von Süden her düstere Schwaden genähert und ergossen sich nun eimerweise auf dem einzigen dort parkenden Auto. Zurück im Tal zieht es schnell auf und wir beziehen ein fast luxuriöses 3-Zimmer-Appartement zum Doppelzimmerpreis in Ulrichen. Stefan freut sich wie ein Schneekönig auf ein eigenes Schlafgemach, er ist es halt nicht gewohnt, dass ihm des nachts jemand ins Ohr sägt. Die Weizenbiere hatten mir wohl in der Nacht zuvor leicht das Gaumensegel erschlaffen lassen.

Tag 2: Chilchhorn 2789 m und Hammer 2747 m

Ausgangspunkt: Ulrichen, Nufenenpass-Straße
Höhendifferenz: 300 m
Dauer: 9 h (inkl. Pausen und Wegsucherei)

 

Tag 2: Chilchhorn 2789 m und Hammer 2747 m

Wieder am Nufenenpass haben wir heute den 3000er Pizzo Gallina im Visier. Angeregt von Freund GoedekeHinten: Chilchhorn und seinen Erzählungen über einen schnittigen Klamottengrad starten wir vom Nufenenpass aus nichtsahnend zunächst zum Chilchhorn. Der Pass macht einen sehr verwaisten Eindruck, bis auf einen einsamen Schwarzamerikaner begegnet uns hier kaum eine Menschenseele am frühen morgen.

Das kleine Passgipfelchen Chilchhorn erweist sich nach kurzer Kletterpassage als toller Aussichtsfelsen aufs Bättelmatthorn, Füllhorn & Co. im Westen sowie ins Lengtal und auf Mittaghorn und Pizzo Gallina im Wandern aufs ChilchhornHinten: das BättelmatthornOsten (welcher der Gratgipfel nun wer war, wissen wir allerdings nicht). Stevie

Die kleine Kletterpassage hinab vom Chilchhorn mag Kurzbeinigen eventuell Probleme bereiten. Wir meistern diese Schlüsselstelle jedoch gekonnt (trotz der kurzen Beine eines Teammitglieds, welches hier ungenannt bleiben möchte) und folgen einem unmarkierten Pfad über den herabkommenden Grat – über mächtige Steinplatten und Felsbrocken teilweise kletternd nordwärts. Wir erreichen nun breite Moränenfelder undGipfelblick auf Pass und Bättelmatthorn hinten queren zahlreiche Schneefelder, zunehmend wird der Pfad unkenntlich, ebenso die alten Punta GallinaSpuren im Schnee, so dass wir uns nur noch an Himmelsrichtung und Gelände orientieren bis wir schließlich die von Goedeke beschriebene steile und felsige Kletterpassage von 50 Hm weit über uns vermuten.

Bis dorthin soll der gutgläubige Wanderer über Schnee und ein Gletscherchen gelangen, Spuren sehen wir jedoch auch weiter oben durch unsere Feldstecher absolut keine. Nun wird uns klar, was Gratwanderungwir längst erahnten: der gute Richard Goedeke ist wohl selbst nie hier gewesen, hat er die Tour in seiner 3000er Westalpen-Sammlung doch lediglich mit 5 Zeilen beschrieben. Wir sehen schon unser Gipfelziel schwinden, so beschließe ich mit Steigeisen das Schneefeld auf direktem Wege bis zur besagten Passage zu erkunden. Was von unten recht einfach aussah, erweist sich nun als extrem steil im oberen Teil, den Einstieg in den Fels finde ich leider nicht, denn die vermutete Kletterroute erweist sich als Steinlawinenrinne. Einen Versuch den Grat zu erreichen an einer weniger steilen Zur PuntaPassage breche ich schließlich ab. Ein zu waghalsiges Unterfangen auf steilem vereisten Fels und Schutt. Wenn hier überhaupt ein Pfad hinaufführte, dann wurde dieser zuletzt vor sehr langer Zeit begangen und ist inzwischen unter Schutt und Schnee bis zur Unkenntlichkeit verschwunden.

Am Ex-GletscherSo breche ich schweren Herzens ab und gelange dank Steigeisen recht zügig zurück zum „Lager“, wo mich Stefan schon erwartet, da er mich weit oben im Fels aus den Augen verloren hatte. Nun benötigen wir ein Alternativziel und erspähen in der Karte eine als Gipfel gekennzeichnete Kuppe im vorderen Grat nördlich unserer Position. Von dort scheint auch ein markierter Pfad zurück zum Nufenenpass zu führen.

GemsenSo steigen wir über Schnee- und Möränenfelder schnurstracks hinab und stolpern alsbald direkt in dieHammertypen Weidegründe einer riesigen Gemsenherde. Wanderer scheinen diesen tollen Tieren anscheinend völlig fremd, denn sie nehmen erstaunlicherweise kaum Notiz von unserem Eindringen. So nutzen wir eine Pause und beobachten die weidende Herde aus nicht einmal 30 m Entfernung. Ohne Weg und Pfad erreichen wir schließlich etwa 1 h später den Hammer auf 2747 m dessen Haupt ein verlassenes Steinhäuschen ziert. Nach kurzer HammerpanoramaBräunungspause im grasigen Hang folgen wir schließlich einem Pfad in Richtung Nufenenpass, welchen wir am Spätnachmittag auch glücklich erreichen. Wir nutzen den verbliebenen Tag für die Fahrt Nufenenpass, dahinter Bättelmatthorn und GriesseeAbstiegnach Saas Grund, wo wir uns zunächst einmal 2 Tage in einer recht billigen aber zentral gelegenen Absteige einmieten. Fazit: Goedeke gilt seither als “Lööschner”, dessen Tourbeschreibungen nur mit Vorsicht zu folgen ist, insbesondere, wenn er sich auf wenige Zeilen beschränkt.

 

Tag 3: Besteigung des Jazzihorn (3227m) im Saastal

Ausgangspunkt: Stausee Mattmark, Saastal
Höhendifferenz: 1100m
Dauer: 10h (inkl. sehr langer Pausen)

Tag 3: Besteigung des Jazzihorn (3227m) im Saastal

Am Anfang unseres heutigen Abenteuers steht ein Deja vu: wie vor ziemlich genau einem Jahr entsteigen wir Mikas Mazda am Parkplatz unterhalb der Staumauer des Mattmark Stausees und lassen uns beim Anlegen der Ausrüstung einen eisigen Wind um Am Mattmark Stauseedie Ohren blasen. Es ist kurz vor neun Uhr, wir haben heute morgen bereits einen Eierdieb beim Frühstück ertappt und waren beim Coop in Saas Grund powershoppen (die andere Hälfte unserer Expedition benötigte dringend Rauchwaren zur Aktivierung ihres Belohnungszentrums).
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als wir den See der Länge nach an seinem Westufer in Richtung Monte Moro-Pass passierten, überqueren wir heute die Staumauer und halten uns an das östliche Ufer, wo wir in das Ofental aufsteigen und dort einen Dreitausender abklappern wollen. Die Wahl eines Gipfels fiel nicht leicht, gleich drei Kandidaten kamen in Ofental, Blick auf SpechhornBetracht: das Stellihorn, mit 3436m das eindrucksvollste Ziel, ist bereits vom Taleingang sichtbar. Die Besteigung geht allerdings praktisch vollkommen weglos und mit einiger Gratkraxelei von statten und wir wissen nicht, ob der Abstiegsgletscher überhaupt noch existiert. Das Jazzihorn ist hier oben quasi der einzige Berg mit markiertem Zugang, was die Angelegenheit beinahe etwas langweilig macht. Letztlich entschieden wir uns noch gestern abend für das Spechhorn (3189m), im Wesentlichen aus dem einfachen Grund, dass wir glauben, diesen Gipfel mit noch einem zweiten Dreitausender, dem Ofentalhorn (3059m) kombinieren zu können. Einziger Wermutstropfen und zugleich Spannungselement: die Tourenbeschreibung haben wir aus dem gleichen Buch eines gewissen Herrn Gödeke entnommen, das uns bereits gestern am Nufenenpass in die Irre geführt hat. Wir sind also auf Überraschungen gefasst!

Bald verlassen wir den breiten Kiesweg über einen Pfad, der sich sanft über den Osthang des Stellihorns nach oben windet. Es ist immer noch kühl und wir kommen gut voran. Ich fühle mich zum ersten Mal in diesem Urlaub einigermaßen fit, die Blick auf dem Ofental hinaus auf die Viertausender über Saas Feebeiden ersten Tourentage empfand ich als konditionelle Tortur. Die Aussicht ist fantastisch, je höher wir steigen, desto greifbarer türmen sich die weißen Brocken südlich und westlich von Saas Fee vor dem blauen Himmel auf: Strahlhorn, Fluchthorn, Allalinhorn, Alphubel und die leicht eingewölkte Mischabelgruppe mit dem unverwechselbaren Dom, an dem man sich niemals satt sehen kann. Nach einer guten Stunde Gehzeit erreichen wir das lieblich grüne Ofental und werfen einen ersten Blick auf unser Spechhorn, das sich als nicht übermäßig attraktiv dreinblickender, halb verwester Doppelgipfelgrat erweist. Die Zeit geht an niemandem spurlos vorbei.
Auf unserem weiteren Weg hinauf ins Ofental suchen wir verzweifelt nach Trittspuren, die in südliche Richtung auf das Schottriger Aufstieg zur JazzilückeOfentalhorn/Spechhorn abzweigen. Vergeblich. Stattdessen gewinnt der markierte Pfad am nördlichen Ende des Tals an Höhe. Bald beschließen wir, umzusatteln und zunächst das Jazzihorn mitzunehmen, in der Hoffnung, vielleicht von dort über den Grat zum Südende gelangen zu können. Wir sind nun nicht mehr allein, eine Gruppe von acht Männern hat uns nach einer Pause eingeholt und marschiert einige Zeit parallel zu uns. Wir taufen sie die „Badener B-Boys“, aus Gründen, die hier nicht näher aufgeschlüsselt werden sollen. Wir fragen uns, was diese Personen unterschiedlichen Alters wohl verbindet. Vielleicht teilen sie lediglich dieselbe Neigung (die Liebe zu den Bergen beispielsweise)?

Die hohen 4000erIn dem Maße, wie wir uns der 3000m-Grenze nähern, beginnt die Geherei immer mehr zu schlauchen und kurz unterhalb der Jazzilücke beschließen wir, im Windschatten eines großen Felsens noch einmal eine großzügige Auszeit zu nehmen. Wenn es um das Pausieren und das in der Sonne Rumräkeln geht, sind wir wahre Wikinger. All zu gerne vergessen wir bei solchen Gelegenheiten, dass wir noch einen Job zu erledigen haben. In einem letzten Akt schieren Willens raffen wir uns auf und erreichen nur Minuten später die Jazzilücke (3081m) und betreten mit einem Bein italienisches Hoheitsgebiet.

Der Anblick der Monte Rosa Gruppe, des zweithöchsten Gebirgsstockes der Alpen, ist atemberaubend. Nicht weniger Monte Rosa von der Jazzilücke geseheneindrucksvoll breitet sich der weitere Weg vor uns aus: wir beobachten, wie sich die beiden letzten der acht B-Boys im Schneckentempo über die luftige, teils drahtseilgesicherte Jazzihorntraverse vorarbeiten. Kurzes Schlucken ist ob des eindringlichen Tiefblickes angesagt. Doch als ich mich selbst auf den Weg mache, kommt mir der selbige bald recht harmlos vor und bei den Sicherungen wurde etwas zu Auf der Jazzihorntraverseviel des Guten getan. Ein Klettersteigset ist dafür jedenfalls nicht erforderlich. Dennoch bewegen wir uns relativ bedächtig und als wir den Nordhang unseres Berges erreichen, ist es schon weit nach 12 Uhr mittags.
Wir deponieren unsere Rucksäcke unter einer großen Felsplatte und suchen nach einem Aufstiegsweg zum Gipfel, der schätzungsweise maximal noch 100m über uns liegen mag. Die B-Boys verschwenden keine Ambitionen und machen sich stante pede an den Abstieg durch das Furgtälli nach Saas Almagell. Mit dem Auto am Stausee ist diese Variante für uns nicht verlockend. Sie ist nicht nur signifikant länger als unsere Aufstiegsroute, wir müssten zudem wieder vier bis fünf Kilometer über die Straße zum See hinauf wandern.

Der finale AufstiegWir entdecken hier und da Trittspuren im Geröll und folgen Ihnen ohne Gepäck. Durch teils losen Schotter, teils über gröbere Blöcke, rutschen und kraxeln wir hinauf, traversieren vor sich auftürmenden Die GipfelstürmerDas Stellihorn nebenanFelsbändern nach rechts, bis wir schließlich nach einigen Irrungen und Wirrungen auf dem geräumigen Gipfelgrat auftauchen. Welch fantastische Aussicht auf Monte Rosa im Süden und die Cresta di Saas im Nordosten mit Latelhorn und Sonnighorn wird uns hier zuteil!

GipfelpanoramaIn der Verlängerung unseres Grates reckt sich der Muttergipfel des Stellihorns noch einmal 200m über Dom und Co.Allalinhorn & Co.Monterosa-Massiv uns in den Himmel. Mit ein wenig mehr Zeit und noch ein wenig mehr Abenteuerlust könnte man da flugs hinüberhüpfen… Doch bei mir melden sich bereits wieder die obligatorischen 3000m-Kopfschmerzen, wie jedes Jahr an den ersten zwei bis drei Urlaubstagen. Ferner schreiben wir mittlerweile zwei Uhr nachmittags und so gehen wir lieber den Abstieg an. Zu spät glaubt Michael einen markierten Pfad vom Pass zu unserem Gipfel ausmachen zu können, wir haben uns schon wieder zu unseren Rucksäcken hinuntergehangelt und -geschottert. Wir Abstieglegen noch zwei üppige Pausen an den Felsen unter der Jazzilücke und am Anfang des Ofentals ein und sind nicht enttäuscht, dass wir das Stellihorn nicht gewagt und das Spechhorn nicht gefunden haben – der Jazzi war eine würdige und abwechslungsreiche Tagestour. Eine einsame Tour dazu, außer den B-Boys haben wir nur eine weitere Gruppe angetroffen (und die war harmlos).

Dank ausgiebigem Sonnenbad und Abstieg im Bummeltempo erreichen wir erst gegen sieben Uhr abends wieder die Staumauer, gerade rechtzeitig, bevor die Sonne hinter den Giganten im Westen versinkt und sich eine bleierne Kälte auf das obere Ende des Saastales legt.

Ein kleiner Nachtrag von der Equipment-Front: die brandneuen Wanderstöcke des guten Mika sind nach nur zweieinhalb Touren bereits Futter für die Tonne. Nie wieder Komperdell, lautet die Moral dieser Geschichte. Auch ich hasse meine alten Stöcke vom gleichen Hersteller. Ihre Teleskopglieder lassen sich nicht fest genug arretieren und schieben sich bereits nach wenigen Minuten zu Gnomengröße zusammen. Und dennoch schleppe ich die Dinger seit Jahren immer wieder mit. Die reinste Hassliebe ist das. Ich sehne den Tag herbei, an dem sie zerbrechen oder über einen Steilhang rutschen!

 

Tag 4: Plattenhorn & Daubenhorn Klettersteig

Ausgangspunkt: Gemmipass
Höhendifferenz: 320 m zum Plattenhorn, 350 m zur Oberen Freiheit Leukerbader Klettersteig
Dauer: 10 h (inkl. Pausen)

Tag 4: Plattenhorn & Daubenhorn Klettersteig

Das DaubenhornNach unserem gestrigen Gipfelerlebnis beschließen wir, einen tollen Klettersteig in unser diesjährigesWeg zum Plattenhorn Programm einfließen zu lassen und brechen am frühen morgen nach Leukerbad auf. Vom Rhonetal durchs abgelegene Dalatal erreicht man den bekannten Ferien-, Kur- und Badeort Leukerbad, nach Norden und Westen umringt von beeindruckenden Steilwänden der Plattenhörner und des Daubenhorns. Insbesondere der Südabsturz des Daubenhorns lässt Spannung pur erwarten, führt doch der Klettersteig schnurstracks durch die zerklüftete Flanke, die mehr an einen Dolomitengipfel erinnert, als eine Erhebung in den Berner Alpen.

Vom Gemmipass aus, der Seilbahnbergstation, machen wir uns erst einmal auf den Weg zum Plattenhorn auf 2640 m. So haben wir unseren Gipfel für heute schon sicher und fahren keine „Schande“ ein, wenn wir den Daubenhorngipfel nicht erreichen sollten. Denn die Erbauer des Leukerbader Klettersteigs haben eine kleinere Alternative eingerichtet für diejenigen, denen 900 Höhenmeter Klettersteig dann doch zu anstrengend wird.

Blick auf Leukerbad und WallisGipfelkreuz PlattenhornStevie und MikaAusblickSo saugen wir erstmal die gigantische Aussicht vom PlattenhornSeltene Felsformationen und Schliffe auf. Fast senkrecht sind die Steilwände hinab nach Leukerbad. Wir haben bestes Wetter und genießen den Anblick der Wallis 4000er im Süden sowie die zerklüfteten Steilabstürze des Daubenhorns, wo wir in halber Höhe eine kleine Schweizer Flagge ausfindig machen.

Zurück am Gemmipass geht es auf dem alten Gemmipfad etwa 20 Min. abwärts. Auf dem optimal ausgebauten GemmipfadTouristenweg kommen uns schnaubende Tageswanderer aus Leukerbad entgegen. Bei der Unteren Schmitte (2070 m) zweigen wir rechts zur Ferrata ab.

Sie quert mit Drahtseilsicherungen auf Bändern die Daubenhornwand zur Unteren Freiheit. Der Pfad ist recht schmal und von unserem vorherigen Aussichtsgipfel wissen wir, dass der steile Schotter des Schmale BänderBandes in einer senkrechten Steilwand darunter endet. Wer hier fällt, fällt direkt nach Leukerbad, geradewegs in einen der zahlreichen Hotelpools, so scheint es einem. Einige Male wird es mir recht mulmig, und auch dem coolen Stefan ist die Sache nicht einerlei. Über einige sehr heikle sehr Steile FelsformationenRecht ausgesetzte Passageausgesetzte Passagen, die für Hände und Füße teilweise nur wenige Zentimeter Griff- bzw. Trittfläche bieten und über spektakuläre senkrechte Kletterpassagen, wo man nicht immer gleich den sicheren Halt findet, erreichen wir schließlich schon etwas abgekämpft die Untere Freiheit.

Von hier aus geht es nun spektakulär und senkrecht weiter über eine Serie von Leitern hinauf zur Oberen Freiheit. Ich steige voran und merke schnell, dass solch senkrechte Leitern bei ständigem Umsetzen der Karabiner für einen 90 Kilomann recht kräftezehrend werden. Daher durchsteige ich die letzten 116 Höhenmeter über Leitern recht zügig. Vorbei an der Schweizer Flagge, von weitem recht klein vermutet, entpuppt sich diese als 4 m breite Blechplatte. Erleichtert erreiche ich sehr schnell die Obere Freiheit (2303 m), eine grasige Kanzel hoch über Leukerbad mit herrlich freier Aussicht. Nach Ablegen von Helm und Gurt lasse ich mich erst einmal ins Gras fallen, um durchzuatmen.

Senkrechte KletterpassagenGut gesichertImmer mit TiefblickSenkrecht über LeiternÜber LeukerbadRecht heikel LeiterpassageLeiterpassageLeiterpassage

Nach meinen ersten Panoramaaufnahmen lucke ich schließlich mal über den senkrechten Abgrund, kann aber leider Kumpane Stefan nicht sehen. Auf den Leiterpassagen hatten wir irgendwann den Sichtkontakt verloren. Als ich schon Gurt und Helm wieder angelegt habe und besorgt zum Leiterende hinabgestiegen bin, sehe ich Stefan dann doch Obere FreiheitGeschafft!weiter unten empor klettern. Er hatte sich etwas mehr Zeit gelassen und meine Rufe nichtAusblick auf die hohen Bernergehört, berichtet er mir oben angekommen genauso sichtlich außer Atem, wie ich zuvor. Die Obere Freiheit ist ein mehr als erkämpftes Gipfelziel, daher überschätzen wir jetzt nicht unser Können und belassen es bei der kleinen Variante des Leukerbader Klettersteigs. Weitere 600 Hm bis zum Gipfel ist nichts für untrainierte Bürohocker.

Der Weg gabelt sich nun und wir steigen über Mielsäss mit kurzen gesicherten Stellen zum Geissweg, der überSteiler Abstieg nach Leukerbad unzählige Bänder, Plateaus und Steilstufen im 900 Hm Abstieg zurückleitet nach Leukerbad auf 1402 m. Der Abstieg schien gar kein Ende mehr zu nehmen und so qualmen uns am Spätnachmittag förmlich die Socken. Wir sehen uns nicht imstande , noch irgendwohin zu fahren. Recht teuer aber nah, mieten wir uns in die nächstbeste Pension ein und freuen uns auf SchniPo im hauseigenen Restaurant. Für den nächsten Tag planen wir einen gemütlichen Wandergipfel, der zudem etwas Almrelaxing verspricht.

 

Tag 5: Wanderung aufs Torrenthorn 2997 m

Ausgangspunkt: Leukerbad, Rinderhütte (Bergstation)
Höhendifferenz: 680 m
Dauer: 5 h (inkl. 2 h Gipfel- und Alm-Pausen)

Tag 5: Wanderung aufs Torrenthorn 2997 m

RinderhütteMit der Ski-Gondel lassen wir uns heute zunächst gemütlich zur Rinderhütte auf 2310 m schaukeln. Die Sonne ist uns auch heute wieder wohl gesonnen. Bereits am morgen haben wir sommerliche Hotel TorrenthornTemperaturen auf 2000 m Höhe. Generell hatten wir bisher in der Schweiz immer ausgesprochenes Glück mit dem Wetter.

Westflanke mit RinderhütteDer Sonnenhang des Torrenthorn ist im Winter wohl eine begehrte Skiregion, so ist die Rinderhütte heute mehr ein Großraumrestaurant und längst nicht mehr das, was der Name vermuten lässt. Und wie es die Schweizer so oft demonstrieren, scheuen sie sich auch hier nicht, mitten in die finaler Aufstiegbeschauliche Hochalm ein klotziges Zementhotel zu pflanzen. Das vorhandene Hotel Torrenthorn wird erweitert, so stört hier leider heute nerviger Baulärm die Bergruhe auf unseren ersten Höhenmetern über beschauliche Wiesenpfade zum ausgeprägten Gratrücken, der sich vom Vorgipfel des Torrenthorn zur Rinderhaltehinabzieht. Von hier aus gesehen erscheint das Torrenthorn eher als Grashügel, von Horn und Torrent keine Spur.

Gipfel des TorrenthornBeschrieben wird der Fast-Dreitausender daher als Familienberg, der mit keinerlei Schwierigkeiten droht und für jedermann mit bisserl Kondition leicht zu meistern ist. Im Bergführer lese ich, dass Wanderer gerne den Sonnenaufgang auf dem Torrenthorn erleben und dazu auf der Rinderhütte übernachten, um in aller Herrgottsfrühe die Gipfeltour zu starten. Oberhalb von 2528 m verlassen wir nun den breiten Weg undPanorama Torrenthorn folgen auf schmalerem Zickzackweg dem Gratrücken zum Vorgipfel und von dort über Geröll auf Torrenthorndeutlichen Wegspuren zum Gipfel. Dieser, übrigens Stevies 100. Gipfel, belohnt uns heute mit einem wunderbaren Panoramablick auf die Berner Alpengipfel, z.B. das markante Bietschhorn und das Jungfraugebiet, ganz nahe natürlich das Daubenhorn, die Plattenhörner und über das Rhonetal hinweg auf die hohen 4000er des Wallis im Süden.

PanoramablickPanoramablickPanoramablickPanoramablickPanoramablickPanoramablickPanoramablick

 

Wir sehen direkt hinein ins Turtmanntal, wo das Bishorn und das 4500 m hohe Weisshorn thronen. Der massige Grand Combin und weit hinten im Südwesten das Mont-Blanc-Massiv sind weitere markante Punkte. Heute genießen wir den Gipfelaufenthalt ausgiebig lange, der Tag ist noch lang und der Rückweg über dieselbe Route kurz und schmerzlos. Später legen wir uns auf der Almwiese auf halbem Wege noch etwas Bräune zu und, ohne die in AbstiegCaravanen heraufströmenden Senioren mit zuviel nackter Haut zu verschrecken. Um eine Tagestour abzurunden sollte man den Abstieg hinunter nach Leukerbad dranhängen und sich dort anschließend Hüttenpension in St. Lucmit einem warmen Sprudelbad belohnen. Da wir heute unsere Knochen schonen, lassen wir das und setzen am Spätnachmittag hinüber ins Val d’Anniviers, wo wir uns im abgelegenen Bergdorf St. Luc in eine nette Hüttenpension einmieten. Hier spricht man fast nur französisch, aber „deux bières, s’il vous plaît“ habe ich noch prima drauf.

Tag 6: Bella Tola (3025 m) und Rothorn (2998 m)

Ausgangspunkt: Val d’Anniviers, St.Luc, Cabane Bella Tolla
Höhendifferenz: 685 m Bella Tolla-Hütte
Dauer: 6,5 h (inkl. Gipfelpausen)

Tag 6: Bella Tola (3025 m) und Rothorn (2998 m)

idyllische WeidenNach einem französischen Hüttenfrühstück – mit versuchsweiser Anwendung meiner Aufstiegsroutevernachlässigten Französischkenntnisse – nehmen wir heute von St. Luc aus die Seilbahn zur Bella Tolla-Hütte hinauf. Von der Hütte schlendern wir durch sanfte blumige Weiden wenig ansteigend auf durchwegs guten Bergwegen nach Nordosten.

Sattel unter der Bella TollaNach etwa einer Stunde geht der gut ausgebaute Pfad in ziemlich steiles Gelände über und führt uns geradewegs zum Sattel zwischen Rothorn und Bella Tolla. HierSattel unter der Bella Tolla Weg zum Sattelwählen wisteil, aber einfachr zunächst den unschwierigen Weg zum Bella Tolla. Lt. Bergführer hat er seinen Namen vermutlich von “belle toit”, “schönes Dach”, da der Gipfel einer der schönsten und weitesten Aussichten der Westschweiz bietet.

Höhepunkt erreichtGipfelkreuz der Bella TollaBlick zum RothornPanorama genießenVon der Spitze sehen wir die meisten der berühmten Viertausender wie das Zinal-Weisshorn mit seinem ausgesetzten Nordgrat oder das Zinal-Rothorn mit dem Rasoir, den Bergsteiger für den Nordaufstieg nutzen, einen schmalen, spitzen, Panorama der Bella TollaRasiermesser ähnelnden Felsgrat zum Gipfel. Der Bella Tolla ist heute gut besucht, denn auch heute spielt das Wetter wieder mit und bietet eine ausgezeichnete Fernsicht. Über den etwas ausgesetzten Grat setzen wir in etwa ¾ h hinüber zum Rothorn.

über den Sattel zum RothornDer weissliche Fels und Sand des Sattels gibt dem gut ausgebauten Weg einen eigenen Charme und so Rothornerreichen wir ohne Schwierigkeiten die kleine Aussichtskanzel mit Dach auf der Spitze des Rothorns am Ende das Kamms. Die Rundsicht ist auch hier klasse, besonders ins tief unter uns liegende Walliser Haupttal. Das mit Panoramatafeln ausgestattete Wanderziel weisen uns neben den vielen berühmten Bergen unter anderem auf die Gipfel der Mischabelgruppe mit Dom und Täschhorn und auch auf den höchsten Punkt der Schweizer Alpen, die Dufourspitze (4634 m) im Monte-Rosa-Massiv hin. Interessant wäre jetzt der Abstieg hinab ins Turtmanntal.

Rundblick vom RothornTorrenthorn

 

Unser Wagen steht jedoch auf der französisch-sprachigen Seite in St. Luc, sodass wir vom Rothorn aus einen der gut ausgebauten Wanderwege hinab in Richtung Bella Tolla Hütte nehmen. Unterwegs genehmigen wir uns eine Fußwaschung und Erfrischung am glasklaren Bergbach und lümmeln uns auf den Bergwiesen herum – heute ist genügend Zeit dafür, schließlich sind wir ja in Urlaub.Pause am BergbachAbstieg, hinten die Bella TollaSpäter zurück zur Hütte bringt uns die Standseilbahn zurück zum Wagen. Unsere Wanderziele der nächsten Tage warten im Saas- und Mattertal, so dass wir uns Saas Grund als Basislager auswählen. Wir brauchen 2 h für die Autofahrt dorthin über das schmale Serpentinensträßchen hinab ins Haupttal und wieder hinauf ins Saastal. Leider erweist sich jetzt die Zimmersuche als schwierig, so mieten wir uns schließlich im Hotel “Tenne” bei der überaus netten Gastwirtin Susan Mannale ein, die wir schon aus dem Vorjahr kannten (Top-Tipp für Übernachtung und Pizza!).

Tag 8: Besteigung des Jegihorn (3206 m)

Ausgangspunkt: Saas Grund, Station Kreuzboden (2400 m), Hohsaas-Gondelbahn
Höhendifferenz: 806 m
Dauer: 6 h (inkl. Gipfelpause)

Tag 8: Besteigung des Jegihorn (3206 m)

KreuzbodenNach unserem Ruhetag mit Shopping und Käffchen in Saas Fee sowie Abhängen an den Ufern des Saaser Vispa, sind wir gestärkt für ein anspruchvolleres Gipfelabenteuer. Heute lockt uns der höchste Klettersteig der Westalpen. Zumindest wollen wir ihn uns zunächst aus der Nähe ansehen, denn der Panorama-Klettersteig Jegihorn gilt als ziemlich schwierige Ferrata. Mit fünf Leitern, 400 Haken und Kreuzboden und Saastaleinem Kilometer Drahtseil soll er jedoch optimal gesichert sein. Uns interessiert heute jedoch die Normalroute zum Gipfel, die für Klettersteiggeher als Abstiegsroute genutzt wird.

Weissmieshütte mit JegihornVon der Seilbahnstation Kreuzboden auf 2400 m folgen wir zunächst dem viel begangenen Weg entlang einer Skipiste recht steil bergan zu den Weissmieshütten auf 2726 m. Heute verdecken zunächst tiefliegende Wolken den Blick auf die umliegenden Erhebungen. Die Weissmieshütte ist ein beliebter Ausgangspunkt für die Besteigung des Weissmies. Während unsererUnter der Südflanke Pause dort beobachten wir durch Wolkenlücken einige Gruppen, die sich über den Gletscher und südlichen Kamm dem Gipfel des Weissmies nähern, sie müssen bereits in den frühen Schotter ohne EndeMorgenstunden gestartet sein. Von hier aus haben wir auch das Jegihorn mit Klettersteig im Blick. Kleine Gruppen rüsten sich für den Einstieg in den Steig. Wir bleiben jedoch bei unserem Plan und kundschaften die etwas leichtere Route zum Gipfel aus. Diese führt uns alsbald über den „Leiternweg“ zu den Schotterfeldern direkt unter die Steilwände des Jegihorns.

Der gut sichtbare und steile Schotterpfad wird bald zum Steig über leichte Felsen und Absätze, wo wir immer wieder Weissmiesmal leichte Kletterübungen absolvieren müssen, teilweise sogar recht ausgesetzt. So gelangen wir auf einen Sattel westlich des Gipfels. Hier müssen wir teilweise die Route suchen, verliert sich der Pfad doch nun vollends in Geröll und großen Felsblöcken. Die Markierungen und Steinhaufen Gipfel Jegihornsind eindeutig für den Abstieg angelegt und beim Aufsteigen nicht immer deutlich erkennbar. Da die Richtung über den Westgrat des Jegihorns jedoch eindeutig ist, bouldern wir uns nun langsam zunehmend steiler hinauf zum Höhepunkt. Hier ist ganz klar ein sicherer Tritt unerlässlich, der Westgrat bis hinunter zum Sattel ist ein reiner Geröll und Schotterhang, der großteils Blockkletterei erfordert.

Gipfelkreuz mit MikaGipfel mit StevieLagginhornTiefblick ins Saastal und auf SaasfeeHängebrücke des KlettersteigsBald sehen wir das Gipfelkreuz, zum Schluss nochmal steil und etwas ausgesetzt, dann gratulieren wir uns auch schon traditionell für die erfolgreiche Besteigung. Das Jegihorn zählen wir nicht zu den typischen alpenreporter-Gipfeln, denn der Aufstieg war doch recht anspruchsvoll und nicht so einfach zu erwandern wie Torrenthorn oder Bella Tolla. Leider belohnt uns das Horn dafür trotzdem nicht mit Panoramablicken. Nur die in der Nähe liegenden 4000er Fletschhorn, AbstiegGondelLagginhorn mit deren namenlosen Vorgipfeln sowie der Weissmies mit seinem Triftgletscher im Westen lassen gelegentlich Einblicke zu. Die Mischabelgruppe im Südwesten bleibt heute weitgehend verhüllt. Faszinierend ist allerdings der Tiefblick hinunter zu den Weissmieshütten. Bald treffen einige Klettersteiggeher am Gipfel ein, die recht freudig von der spektakulären Seilbrücke und ausgesetzten Kletterpassagen berichten.

Wir meistern alsbald die Abstiegsroute schneller und einfacher, als wir es uns vorgestellt haben, rasten in Nähe des Hotel Tenne Leiternwegs und schlendern bald gemütlich hinab in Richtung Kreuzboden, teilweise über die einzige Skipiste dieses gerölligen Tälchens, die eine kleine Gondelkabine markiert. Offenbar wurde sie hier einfach vergessen. Vom Kreuzboden per Gondel geht’s zurück ins Tal.

Tag 9: Besteigung des Breithorn (4164m) im Mattertal

Ausgangspunkt: Bergstation Klein Matterhorn
Höhendifferenz: 350m
Dauer: 2.5h

Tag 9: Besteigung des Breithorn (4164m) im Mattertal

Ein Besuch im Wallis wäre verschwendet, würde man keinen Viertausender besteigen. Sie sind die Kurfürsten der Alpen und nirgends thronen so viele auf einem Fleck wie im Wallis. Die Frage, vor die wir uns gestellt sahen, lautete folglich nicht ob, sondern welche(n). In der Schweiz gibt es wenigstens zwei verschiedene Typen von Viertausendern: die, welche man sich hart erarbeiten muss und die, welche man sich erkaufen kann.
Einige namhafte Kandidaten zierten unsere Wunschliste vor dem Urlaub: Bishorn, Weissmies, Nadelhorn, Finsteraarhorn. Alles Berge der Kategorie I. Warum wir uns schließlich für das Breithorn entschieden haben, die Mutter aller Kat.II Viertausender, ist nicht völlig geklärt. Vermutlich haben wir einfach keine Lust, um 4 Uhr morgens auf einer Hütte zu erwachen und tausend Höhenmeter durch dunkle Kälte und kalte Dunkelheit über steifgefrorenen Schnee zu stapfen, in einer Höhe, in der wir noch nicht akklimatisiert sind und ohne fundierte Gletschererfahrung. Das ist es, einigen wir uns auf den letzten Grund. Immerhin haben wir dieses Mal ein Seil dabei und zwei DIN A4-Seiten voller Tipps & Tricks aus dem Internet, wie man sich gegen bösartige Gletscherspalten zur Wehr setzt. Soll heißen, der Bergführer bleibt dieses Jahr im Tal und das ist doch Abenteuer genug!

Das Breithorn ist der am einfachsten zu besteigende Viertausender des Universums. Von der Bergstation des Klein Matterhorn sind nur etwa 350hm zu bewältigen. Eine Halbtagestour. In drei Stunden sollten wir wieder unten sein und die Mittagssonne genießen dürfen, so unsere Planung. Womit wir nicht ernsthaft gerechnet hatten ist die Tatsache, dass wir bereits zur Das Breithorn von NordenStation Klein Matterhorn beinahe drei Stunden benötigt haben. Inklusive Fahrt von Saas Grund nach Täsch im Mattertal. Ab hier ist die Durchfahrt nach Zermatt für Touris gesperrt. Eine Tatsache, die sich findige Täscher Restaurant- und Tankstellenbetreiber zu Nutze gemacht haben: sie verdingen sich als Taxiunternehmer und pendeln mit Minibussen auf der baufälligen Verbindungsstraße zum teuersten Alpenörtchen aller Zeiten. Während wir auf die Abfahrt unseres Taxis warten, sehen wir hilflos mit an, wie die Viertausender über dem Talschluss sukzessive von Wolken verschluckt werden. Zu spät für eine last-minute Abkehr, wir haben die sündhaft teure Seilbahnfahrt auf das Klein Matterhorn bereits beim Taxischaller gelöhnt.
Endlich in Zermatt angekommen, steht uns ein Fußmarsch quer durch das gesamte Städtchen bevor. Wir haben wenig Augen für die Sehenswürdigkeiten, die sparen wir uns für den Rückmarsch auf. Kurz vor Erreichen der Bahnstation kommt das Matterhorn in Sicht bzw. was die Wolken davon übrig lassen. Die Seilbahnfahrt erinnert an Zugfahren mit der Deutschen Bahn – man hat Ein seltsamer Vogeldas Gefühl, man käme nie an sein Ziel, weil man alle Nase lang umsteigen muss. Ich nutze die Zeit, um mich gründlich mit Sonnenschmiere einzusalben. Ein Blick hinunter auf den zerfetzten Theodulgletscher und hinauf auf das scnneidige Klein Matterhorn. Endlich oben. Außerhalb der Station karrt ein Hubschrauber Baumaterial für das neue 4000m-Hotel an. Unberührte Wildnis sieht anders aus. Doch wir wollen nicht päpstlicher tun als der Papst, denn ohne bautechnische Segnungen wären wir heute gewiss nicht hier oben…

Um kurz vor halb zwölf stehen wir schließlich am Anseilplatz am Skilift auf dem Breithorngletscher und sind vollkommen Michael hat einen Rentner überholtüberbereit. Wir legen unser neues Seil an und ich knüpfe ungeschickt ein paar Bremsknoten hinein, so wie ich es gestern spät abend im Alkoholdunst auf unserem Hotelzimmer gelernt habe. Freudig stellen wir fest, dass wir zwar die letzten, aber nicht die einzigen Breithornbesteiger sind. Auch die Wolkenbänke, die wir vom Tal aus gesehen haben, vernebeln uns nur zeitweilig die Sicht, immer wieder verziehen sie sich und geben den Blick auf den Gipfel frei. Der Weg ist gut gespurt und in seiner Nähe sind keine Spalten auszumachen.

Nach ein paar hundert Metern gemütlichen Einlaufens steigt die Spur mächtig an. Wir beginnen in der dünnen Luft zu keuchen, schaffen es aber dennoch, eine der zahlreichen Gruppen zu überholen. Es macht sich konditionell bemerkbar, dass wir bereits eine Woche auf Tour sind. Kein Achtzigjähriger, der heute mit uns mithalten könnte. Immer steiler schleppen wir uns den Auf dem GipfelSüdwesthang hinauf, bis wir gegen viertel vor eins freudig die Firnschneide des westlichsten und höchsten Breithorngipfels erstapft haben.
4164m über dem Meeresspiegel dürfen wir die fantastische Rundum-Aussicht genießen, denn das Wetterglück ist uns wieder einmal hold. Summa summarum etwa drei Wochen waren wir bisher im Wallis auf Tour – das letzte Jahr mit eingerechnet – und nicht ein einziger Tag darunter, an dem es von morgens bis abends fies gewesen wäre. Dies kann kein Zufall sein, das Oberwallis ist sicherlich eine für alpine Verhältnisse gesegnete Bergregion. GipfelblickNur das Matterhorn weigert sich erneut aufs Zäheste, sich den CCD-Chips unserer Kameras in splitternackter Grandeur zu präsentieren. Im Gegensatz zu Mika kann ich mit dieser Tatsache weiterleben, mich beschäftigt mehr mein sich allmählich bewölkender Schädel – die ungewohnte Höhe macht sich wiederum bemerkbar. Die schmerzhafte Tour auf das Allalinhorn im letzten Urlaub war für mich sehr lehrreich und so dränge ich auf einen baldigen ‚Blitzabstieg‘ ins Tal.

Mika darf diesmal unsere Miniseilschaft anführen und bringt uns in weniger als einer Stunde zurück zum Skilift. Nachdem wir den Abstieg teilweise nur im T-Shirt bewältigt haben, zieht es plötzlich zu und beginnt leicht zu schneien. Eine kurze Mahnung, dass Viertausender in den Alpen von ihrer Natur her wilde Berge und keine tropischen Brutzel-Paradiese darstellen.

Mika möchte auf der Panorama-Plattform des Klein Matterhorn noch einige hundert Fotos knipsen und wird vermutlich ausharren, bis sein geliebtes Matterhorn aufzieht… Ich trete bereits die Talfahrt nach Zermatt an, die wegen Wartungsarbeiten noch länger dauert als die Bergfahrt. Reichlich Zeit, um unterwegs Kopfschmerztabletten einzuwerfen, damit ich zum leckeren Pizzaessen in unserem Lieblingshotel Tenne in Saas Grund wieder fit bin. Bleibt das Gefühl, den bisher höchsten Berg meiner Karriere bewältigt zu haben. Wenn auch nicht besonders schwierig, war das Breithorn für uns doch ein brauchbares Trainingsgelände zur Vorbereitung auf anspruchsvollere Hochtouren, die in den kommenden Jahren zweifellos folgen werden.

Tag 10: Besteigung des Hübschhorn (3192 m)

Ausgangspunkt: Simplonpass, Kulm, Hospiz
Höhendifferenz: 1186 m
Dauer: 10 h (inkl. Gipfelpausen)

Tag 10: Besteigung des Hübschhorn (3192 m)

Idylle am SimplonpassNachdem wir in Zermatt unser Bergbahnenbudget vollends ausgeschöpft haben und uns heftigstem Touristentrubel ausgesetzt haben, wählen wir heute ein völlig abgelegenes, einsames Ziel weitab der Touristenströme, ohne Gondeln, ohne Imbiss- und Souvenirbuden. Nach – wie immer – reichhaltigem Frühstück bei Susan starten wir in aller Herrgottsfrühe, das Saastal hinab ins Walliser Haupttal nach Tagesziel: HübschhornBrig, von dort den Simplonpass hinauf, vorbei an uns aus 2007 bekannten Übernachtungsstätten bis hin zum Hospiz auf 2006 m in Simplon Kulm. Im vergangenen Jahr bestiegen wir von hier aus recht abenteuerlich das Wasenhorn, obwohl uns hier ausreichend Karten und Bergführer zur Verfügung standen, waren wir hier beim Abstieg in eine missliche Lage geraten.

Schotter ohne EndeHeute liegen uns zum Hübschhorn noch nicht einmal Tourbeschreibungen vor, lediglich 5 Zeilen von Löööschner Goedeke, der erfahrungsgemäß bei solch magerer Ausführung auch auf diesen Berg niemals einen Fuß gesetzt hat. Heute lassen wir uns überraschen. Das Wetter ist uns hold, so steiler Aufstiegdurchqueren wir zunächst vom Hospiz aus über gute Pfade und Feldwege einige bewirtschaftete Almhöfe im breiten ebenen Hochtal zum Fuße des Hübschhorns. Den Einstieg des schmalen Serpentinenpfads erahnen wir von Weitem, Wegweiser gibt es nicht, Markierungen sind spärlich, wir orientieren uns an Karte und Höhenprofilen, lt. Goedekes Kurzanleitung Blick auf die BernerÜber dem Simplonpassfolgt der Weg immer dem breiten Westrücken hinauf bis zum Vorgipfel. Zunächst recht steil erreichen wir schnell die Baumgrenze, dann mäßig steil weiter über weglosden Graspfad vorbei an Latschenkiefern. Bald lassen wir auch diese spärliche Vegetation hinter uns, kämpfen uns nun zunehmend steiler über das zunehmend geröllige Weglein. Das kostet Schweiß, Sonne und Hitze machen zu schaffen. Und die baldige Suche nach Markierungen. Denn nun geraten wir vollends in Geröll und Blockwerk und müssen uns auf ganz wenige kleine Steinmännchen und längst verblasste Farbtupferl verlassen, die leider nur vereinzelt überhaupt noch auszumachen sind.

Weismies-OstwandDas Hübschhorn scheint tatsächlich ein einsamer Berg zu sein, Menschen hatten wir zuletzt am Pass gesehen. Ob in diesem Jahr überhaupt schon jemand hier oben war? Irgendwanneinsamer Grat Simplonpass und Rhonetal mit Bernerverlieren wir den Pfad oder können ihn einfach nicht mehr ausmachen, auch Steinmännchen lassen uns in Stich. Oben vermuten wir den Vorgipfel, so dass die Richtung klar ist. Inzwischen sind Wolken aufgezogen und lassen die gewählte Aufstiegsroute zum Hübschhorn eher bedrohlich wirken. Nun geht’s über wildes Blockwerk weiter, dazwischen immer wieder Schneefelder, die uns aber schneller voranbringen. Allerdings wird es teilweise steil und rutschig im feuchten Geröll. Doch keine Markierungennun können wir am Vorgipfel oben wieder etwas Pfadähnliches ausmachen. Die einzig mögliche Verbindung dorthin führt nah am Grat entlang, eine Engstelle erfordert Blockkletterei im steilen Geröll. Danach wird es etwas sanfter, aber noch lange ist der Westgipfel nicht in Sicht, das war eher der Vorvorgipfel. Der schwierige Teil liegt hinter uns und irgendwann erreichen wir doch noch den recht breiten Westgipfel, der durch einen riesigen Steinhaufen markiert wird. Etwas erschöpft pausieren wir hier.

WestgipfelDie Sicht ist mäßig, leider keine Belohnung für die Strapazen. Doch noch scheint uns das Wetter stabil.holpriger Gipfelgrat der einsame OstgipfelIm Westen erkennen wir die Ostflanken von Lagginhorn, Fletschhorn und Weissmies. Im Süden einige uns unbekannte italienische Berge. Im Norden späht das Wasenhorn gelegentlich durch das Wolkenband vor der Kulisse der Berner Alpen. Der Monte Leone, höchster Gipfel der Region, mit seinem langen vergletscherten Westrücken lässt sich mehr erahnen. Östlich erspähen wir den Hübschhornhauptgipfel mit Kreuz – der uns noch ewig entfernt scheint – lt. Führer sind es ganze 450 m bis dorthin über schmalen Grat. Dieser wird bald schmal und luftig, vorbei geht’s an der steilen Südflanke, ebenso tief blicken wir im nächsten Moment die Nordwände hinab. Jetzt ist Kletterei angesagt, auf und wieder ab über kleine luftige Gipfelchen. BoulderingBoulderinggrandiose TiefblickeNach 30 Min. erreichen wir nun auf ganz, ganz schmalem Grat das Gipfelkreuz. Zuletzt fast schlecht zugänglich und auf schrägem unbequemen Gipfelfelsblock Gipfelziel Hübschhorn montiert bietet es kaum Platz für 2 Personen, die gerne eine gemütliche Rast am Höhepunkt zelebrieren. Auch das Wetter macht es ungemütlich. Denn die Sicht ist hier gleich null, so dass wir nach einigen Beweisfotos kurzerhand den Rückweg antreten. Wir vermuten, dass wir nicht trocken ins Tal gelangen.

WasenhornZurück über Grat und Westgipfel, dessen Westrücken hinab, wählen wir Blick auf die Berner Alpenunterhalb der Engstelle am Grat eine etwas andere Abstiegsroute, die uns von oben betrachtet sicherer erscheint. Tatsächlich ist diese weniger rutschig und steil über festes Blockwerk. Irgendwann sichten wir wieder Steinmännchen und unsere alte markierte Aufstiegsroute. Der Rückweg zieht sich am Nachmittag noch recht lang dahin, der kräfteraubende Aufstieg von fast 1200 Höhenmetern wird jetzt beim Abstieg schmerzlich spürbar. Doch was bleibt uns übrig. Wir quälen uns irgendwann die letzten Meter hinab, stolpern fast über die Almpfade lechzend zum rettenden Wagen zurück. Denn zuletzt geben wir noch mal alles, weil von Brig her düstere Wolken und eine deutlich sichtbare Regenfront den Simplonpass herauf kriecht. So werden wir nur beim Umziehen nass. Später zurück in Saas Grund kredenzt uns Susans Pizzabäcker eine leckere Belohnung, meine natürlich mit Olio-Picante. Fazit: das Hübschhorn ist kein Wandergipfel, ist nicht wirklich hübsch, die Besteigung ist nur für Geübte zu empfehlen, Kondition notwendig. Wer den einsamen Berg sucht, ist hier richtig.

 

Tag 11: Wandern aufs Sparrhorn (Aletsch)

Ausgangspunkt: Blatten, Belalp
Höhendifferenz: 927 m
Dauer: 6 h (inkl. langer Alm- und Gipfelpausen)

Tag 11: Wandern aufs Sparrhorn (Aletsch)

Wir verlassen nun unser Domizil im Saastal und haben heute eine besondere Region im Blick. Den Aletschgletscher und seine Bergwelt haben wir im vergangenen Jahr bereits vom Eggishorn bestaunen können. Heute möchten wir uns einen Blick aus anderem Winkel in diese herrliche Arena gönnen und dies gleichzeitig mit einem bequemen Gipfel verbinden. Als weiteren tollen Aussichtsbalkon haben wir das Sparrhorn ausfindig gemacht. Nach unseren gestrigen Strapazen Belalp mit Wallis ist uns dieser Familienberg heute sehr willkommen. Ausgangspunkt für die Besteigung hoch über dem Oberaletschgletscher ist die Belalp oberhalb Blatten im Oberwallis. Bis hierin bringt uns der Sessellift. Von der Belalp geht’s gemächlich auf markiertem Weg zum urigen Hotel Belalp, welches bereits seit 1885 Touristen am Rande des Aletschbords beherbergt. Hochalm Belalp

Unser Gipfelziel stets bestens im Blick, führt uns der Aufstieg weiter über tolle Bergweiden, wo uns Kuh und Ochs häufig neugierig beäugen oder gar den Weg versperren. Zudem ist nun SparrhornOchsentolle Wiesnäußerste Trittsicherheit notwendig, denn nur ein Fehltritt könnte bedeuten, in einen noch kuhwarmen Pfladen zu dippen. Wir erreichen auf halber Höhe die kleine Kapelle und das Tyndall-Denkmal, das zu Ehren des irischen Physiker John Tyndall hier errichtet wurde und sich weithin sichtbar auf einem Felsbuckel am Wegrand erhebt. Dreisig Jahre lang ging er hier wohl jeden Sommer seinen Gletscherforschungen nach und stellte unter anderem als erster fest, dass Eis unter Druck schmilzt.

das SkigebietBelalpWas uns heute zu schaffen macht, sindkurzzeitig steiler Aufstieg nicht die Höhenmeter, sondern die Sonne und die hochsommerliche Temperatur bei hoher Luftfeuchtigkeit. Das riecht geradezu nach Gewitter. Die Aussicht wird nun mit jedem Meter gigantischer. Und die Alpenflora scheint uns mit jedem Schritt bunter und vielfältiger zu werden. Über ein idyllisches Bächlein hinüber, wo wir unsere aufgebrauchten Wasservorräte auffüllen müssen, geht es dann sobald steiler zu dem auf das Sparrhorn führenden Grat hinauf, oben über den Grat dann wieder weniger steil und einfach haben wir nun den Gipfel nun ganz nach vor uns.

finaler GipfelaufstiegDie markierten Wegspuren führen in die geröllreiche Flanke südlich des Gipfelkamms. Markierungensind hier nicht mehr notwendig, denn am vielbesuchten Aussichtsgipfel haben sich zahlreiche Steigmöglichkeiten ausgetreten, die direkt oder in kleinen Serpentinen zuletzt etwas steiler zum Gipfel führen.

 

Hier lässt nun das Panorama keine Wünsche mehr offen. Gen Osten fällt der Blick auf den Grossen Aletschgletscher,Aletschgletscher mit Bettmerhorn trotz Rückzug immer noch ein elf Kilometer langer und zwei Kilometer breiter Gletscher¬strom, der in seiner halben Länge bestaunt werden kann. Gegenüber grüßen auch zwei alte Bekannte vom vergangenen Jahr: Bettmerhorn und Eggishorn. Weiter blicken wir auf die ganze Hochgebirgswelt imGipfelpanorama Grenzgebiet der Kantone Wallis und Bern. Weit unten ist die Oberaletschhütte erkennbar, wo sich der schuttbedeckte Gletscher um das Grosse Fusshorn windet. Ganz nah auch das 4193 Meter hohe Aletschhorn. Jenseits des Rhonetales grüsst der Simplonpass, weiter nach rechts steigen vom Mattertal und vom Saasertal die gleissenden Gipfel der schon bekannten Viertausender Fletschhorn, Dom, Matterhorn und Weisshorn auf, die aus dieser Perspektive nun wieder ganz anders wirken.

Das Sparrhorn ist eigentlich kein richtiger Gipfel, sondern nur die vorderste Erhebung eines langen Grates. Für die Touristen der Belalp hat man hier halt einen Marketing-Aussichtsgipfel mit Aletschblick geschaffen. Auch heute tummeln sich hier die Wanderer und finden kaum einen Sitz- und Rucksackplatz auf der wenig geräumigen Fläche unterm Gipfelkreuz. Zudem haben wohl Ziegen oder Schafe zuvor den Gipfel erstürmt und sich hier Mika am GipfelStevie am Gipfelvermutlich vor Anstrengung ausgiebig erleichtert. So findet man kaum einen Stein der nicht mit Exkrementen markiert wurde.finaler Gipfelaufstieg

Irgendwann räumen wir den ergatterten kackfreien Sitzplatz und treten den Rückweg auf der Aufstiegsroute an. Jetzt stürmen uns auch schon massenhaft Spätaufsteher entgegen, so macht’s uns dort eh keinen Spaß mehr. Auch Smirgol dappt mit sich selbst brabbelnd vorüber, vielleicht hat der arme Wicht auch einfach nur einen Stich bei dieser brühenden Mittagssonne bekommen.

PauseWeiter unten entblößen wir unsere immer noch weißen Bäuche, um unserer inzwischen deutlichen Nato-Bräune – braune Arme, Gesicht und Nacken, Rest weiß – entgegenzuwirken. Das rauschende Bächlein sorgt für die nötige Abkühlung während des Sonnenbades. Bis zur Belalp schlendern wir später gemütlich zurück und verlassen das Dörflein Blatten schließlich in Richtung Grimselpass, den wir dann bei Schauer und Gewitter im Blindflug überqueren, Ziel: Grindelwald. Denn für den letzten Tag nehmen wir uns die Eiger-Nordwand vor!

Tag 12: Wandern auf den Tschuggen mit Blick auf Eiger-Nordwand (Grindelwald)

© Michael Breiden 2011